Kinderpornografie-Verdacht

Odenwaldschule drohen Auflagen

Wohnhäuser der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim
Wohnhäuser der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim © picture-alliance / dpa / Uwe Anspach
Von Ludger Fittkau · 25.04.2014
Nach Bekanntwerden der Kinderpornografie-Vorwürfe gegen einen Lehrer werfen die Aufsichtsbehörden der Odenwaldschule vor, sie nicht über den seit Monaten bestehenden Verdacht informiert zu haben.
Matthias Schimpf ist Grünen-Politiker und Beigeordneter des Landkreises Bergstraße in Südhessen. Hier, in dieser malerischen Region liegt die Odenwaldschule hoch über Weinbergen. Kontrolliert wird die Schule deswegen auch von Matthias Schimpf und seiner Kreisbehörde in Heppenheim. Schimpf hatte der Schulleitung bis heute Mittag eine Frist gesetzt, um Fragen zu dem aktuellen Verdacht gegen einen Lehrer zu beantworten, der illegales, kinderpornografisches Material besessen haben soll:
"Die Odenwaldschule hat die von uns gestellten Fragen am heutigen Tag nicht beantwortet. Dies veranlasst uns als Aufsichtsbehörde nunmehr, umgehend in Absprache mit unserer Fachaufsicht, dem hessischen Sozialministerium – dort ist das Landesjugendamt angesiedelt –, die Odenwaldschule für den nächsten Dienstag um 14 Uhr zu einem aufsichtsbehördlichen Gespräch hier in das Landratsamt nach Heppenheim zu bitten."
Vorwurf: Verletzung der Informationspflichten
Die Aufsichtsbehörden gehen davon aus, dass die Odenwaldschule sie über den seit 2013 bestehenden Verdacht gegen den inzwischen entlassenen Lehrer hätten informieren müssen, so Matthias Schimpf:
"Wir haben heute eine Mitteilung der Odenwaldschule per Mail bekommen. Die Odenwaldschule ist der Auffassung, dass sie uns vollumfänglich unterrichtet hätte. Wir haben daraufhin mitgeteilt, dass wir dies so nicht sehen."
Deswegen nun die Vorladung zum "aufsichtsbehördlichen Gespräch".
Das sei keine alltägliche Maßnahme, bestätigte heute auch Ute Schneider-Jaksch, Jugendamtsleiterin des Kreises Bergstraße. Mehr als 20 Jugendämter haben bis jetzt Jugendliche im Internat der Odenwaldschule untergebracht. Der Landkreis Bergstraße hat allerdings seit 2010, als die Missbrauchsvorwürfe in über 100 Fällen bekannt wurden, keine Schüler mehr in der Reformschule eingewiesen. Die Aufsichtsbehörden werden jetzt erneut aktiv, weil sie der Odenwaldschule eine Verletzung ihrer Informationspflichten vorwerfen und das Kindeswohl ihrer Schützlinge gefährdet sehen. Ute Schneider-Jaksch:
"Wir als Jugendhilfe sind ja vor allem mit Jugendhilfeeinrichtungen zugange. Und da ist es letztlich so, dass wir verschiedene Jugendhilfeeinrichtungen zusammenbringen, um letztlich das weitere Prozedere festzulegen."
Ultima Ratio wäre der Entzug der Betriebsgenehmigung
Als künftige Auflage auf die Betriebsgenehmigung für die Odenwaldschule droht nun etwa eine verschärfte Berichtspflicht, so die Behördenvertreter.
Ultima Ratio könne in solchen Fällen der Entzug der Betriebsgenehmigung für die Schule sein. Das jedoch, betonte der grüne Beigeordnete Matthias Schimpf, wolle der Kreis Bergstraße bisher nicht:
"Die haben unser Schreiben nicht beantwortet, also schließe ich am Montag diese Einrichtung – das wäre weder sachdienlich noch angemessen. Deswegen muss man ein abgestuftes Verfahren wählen. Wir gehen davon aus, dass die Odenwaldschule die Zeichen der Zeit noch erkennen wird und mit den Aufsichtsbehörden kooperieren wird."
Sonst könnten die Tage der Reformschule über den Weinbergen an der Bergstraße gezählt sein – noch bevor eine unabhängige Wissenschaftergruppe mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle der vergangenen Jahre beginnt. Das Aufarbeitungsprojekt soll im Mai starten.
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