Kicken mit Kopftuch

Von Anke Leweke · 23.04.2008
Fußballerinnen aus Berlin-Kreuzberg fordern die iranische Frauennationalmannschaft heraus. Der Dokumentarfilm "Football under cover" begleitet seine Heldinnen, die allen Hindernissen zum Trotz nach Teheran reisen. In "Neandertal" geht es um eine Familie, die nicht ohne, aber auch nicht miteinander kann.
"Football under cover"
Deutschland 2007, Regie: Ayat Najafi, David Assmann, Deutschland 2007, 85 Minuten, ohne Altersbeschränkung

Das Kino liebt Geschichten von Menschen, die alles für die Realisierung ihrer Träume geben. Manchmal müssen die Träume nicht bigger than life sein, sondern sie können aus dem Leben kommen.

Marlene spielt Fußball in einer Kreuzberger Mannschaft, in ihrem Team sind viele junge Frauen muslimischen Hintergrunds. Eines Tages kommt ihr die Idee, die iranische Frauennationalmannschaft herauszufordern.

David Assmann und Ayat Najafis Film beobachten die Mädchen in Berlin und in Teheran beim Trainieren und bei ihren Alltagsgesprächen – in denen es meistens um Fußball geht. Auch wenn man das gleiche Hobby teilt, kann man es hier doch nicht auf gleiche Weise betreiben.

Wie lebt man in einer islamischen Gesellschaft, wenn man Wünsche, Sehnsüchte, Träume hat, die den Regeln dieser Gesellschaft frontal widersprechen? Wie kann man die iranischen Autoritäten davon überzeugen, ein Frauenfußballspiel zu genehmigen?

"Football under cover" kommentiert nicht, der Dokumentarfilm begleitet einfach seine Heldinnen, die tatsächlich etwas Heldenhaftes haben - die allen bürokratischen und finanziellen Hindernissen zum Trotz nach Teheran reisen. Die verkleidet als Jungen in einem iranischen Park trainieren und bei Entdeckung eine Gefängnisstrafe in Kauf nehmen.

<im_44155>NEANDERTAL (SPRECHSTUNDE OUT) (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_44155>"Neandertal"
Deutschland 2006, Regie: Ingo Haeb, Jan-Christoph Glaser, Deutschland 2006, 105 Minuten, ohne Altersbeschränkung
Ingo Haebs und Jan-Christoph Glasers Regiedebüt "Neandertal" handelt vom Familienparadox des Nicht-ohne-aber-auch-nicht-miteinander-Könnens.

Im Mittelpunkt steht Guido, der seit frühester Kindheit an Neurodermitis leidet. Wenn er unter der Dusche steht, spürt man, dass er sich nicht nur den schrecklichen Ausschlag, sondern auch ein Familienleben vom Leibe halten will, das nur noch Lügen zusammenschweißen.

In diesem Film wird kein Schuldiger gesucht, sondern die Sprachlosigkeit einer Familie dokumentiert. Schon lange geht der Vater fremd, die Mutter ertränkt ihren Kummer in Alkohol und Guido findet im Großmaul Rudi einen Ersatzvater.

Man kann dem Film vorwerfen, dass er zu viele Handlungsstränge aufgreift und ein wenig den Überblick verliert. Dennoch spürt man "Neandertal" an, dass er gemacht werden musste, dass hier ein Regisseur von Erfahrungen erzählt, die er am eigenen Leibe zu spüren bekam.