Kettcar vor dem Aus

Wie ein Tretauto zum Kult-Spielzeug wurde

05:17 Minuten
Das Bild zeigt drei Kettcars der Firma Kettler aus den 60er Jahren.
Seit den 60er-Jahren der Renner: Kettcars der Firma Kettler. Früher wurden 400 Stück am Tag produziert. © picture alliance/dpa/Kettler
Ivan Sojc im Gespräch mit Shanli Anwar · 15.10.2019
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Der Spielzeughersteller Kettler ist insolvent und stellt die Produktion ein: Das bedeutet auch das Ende des Kettcars. Was das Mini-Auto mit Kettenantrieb so besonders machte - und warum Kinder heute mit anderen Dingen spielen.
Im Jahr 1962 brachte die Firma Kettler etwas Neues auf den Markt: das Kettcar. Ein Spielzeugauto, das Kinder mit Pedalen antreiben konnten. Es wurde sofort zum Hit und zum Symbol der Wirtschaftswunderzeit. Mehr als 15 Millionen Mal wurde es verkauft. Auch Formel-1-Fahrer Michael Schumacher hat seine Karriere am Steuer des Kettcars begonnen. Doch jetzt ist Schluss. Nach 57 Jahren endet die Ära, Kettler ist insolvent und stellt die Produktion ein.
Was machte aber das Kettcar so populär? Tretautos habe es schon zuvor gegeben, sagt Ivan Sojc, Leiter des Deutschen Fahrradmuseums in Bad Brückenau, diese seien aber noch ein "Abbild des rollenden Verkehrs auf den Straßen" gewesen: mit viel Blech und viel Chrom, aber auch kostspielig und empfindlich.

Das Gefühl, ein Auto zu fahren

"Das Kettcar war eine ganz neue Dimension", sagt Sojc. Es habe für das Kind das Gefühl des Autofahrens. Man habe wegen der Luftreifen schneller fahren können als mit Tretautos. Das Kettcar sei aber wegen seines Rohrrahmens robuster gewesen und habe auch Zusammenstöße aushalten können. "Es war der Gipfel, wenn man so etwas als Kind bekam."
Dass das Interesse irgendwann abgenommen hat, habe mehrere Gründe, so Sojc. "Zum einen konkurrierte das Kettcar mit vielen anderen Spielsachen oder eben auch bis heute mit der Medienkindheit." Früher hätten Kinder mehr draußen und miteinander gespielt. "Im Kettcar hat der Bewegungsdrang seine Entsprechung gefunden."

Wiederentdeckung des Rollers

Aber kann es sein, dass das Kettcar auch von anderen Verkehrsmitteln abgelöst wurde? Für das Laufrad treffe das zu, sagt Sojc, das sei eine "wiederentdeckte Qualität", die es schon in den 50ern gegeben habe. Kinder könnten damit lernen, auf zwei Rädern zu balancieren. Das E-Bike hält Sojc aber für Kinder für "völlig überflüssig". Sie litten eher an Bewegungsmangel und den könne man besser mit muskelbetriebenen Fahrzeugen kompensieren.
(leg)
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