Kein Effekt auf Erziehungssituation

Wolfgang Tietze im Gespräch mit Frank Meyer · 06.06.2012
Ganz verschiedene Aspekt beeinflussen nach Einschätzung des Bildungsforschers Wolfgang Tietze den Erfolg von Betreuung und Erziehung. Die Einführung von Betreuungsgeld werde darum nicht auch automatisch zu einer Verbesserung der Erziehungssituation führen.
Der Bildungsforscher Wolfgang Tietze rechnet nicht damit, dass durch das Betreuungsgeld die Qualität der häuslichen Kinderbetreuung steigt.

"Geld allein macht es doch nicht", sagte Tietze am Mittwoch. Die Qualität der Betreuung hänge von der Zuwendung und den Anregungen ab, die ein Kind bekomme. Es sei eine offene Frage, ob und wie die monatliche Zahlung von 100 bzw. 150 Euro, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat, in Qualität umgesetzt werde. Das Geld sei sicherlich für die Familien interessant, weil es das Haushaltsbudget aufbessere. "Aber ich erwarte dadurch in keiner Weise irgend einen positiven Effekt auf die Verbesserung der Erziehungssituation für die Kinder."

Der Pädagogikprofessor verwies auf den Zwischenbericht der ersten "Nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit" an der er mitgearbeitet hat. Demnach unterscheide sich die sprachliche Entwicklung von Zweijährigen, die zu Hause betreut wurden, nicht signifikant von der Gleichaltriger, die eine Kita besuchten.

Allerdings zeigten Vierjährige, die schon früh in eine Kita gekommen sind, einen besseren sprachlichen Entwicklungsstand und eine höhere soziale Kompetenz als Gleichaltrige, die noch nicht so lange in einer Betreuungseinrichtung waren.

Tietze wandte sich zugleich dagegen, einen Gegensatz zwischen Kinderbetreuung in der Familie und in einer Einrichtung aufzubauen. Das sei "irreführend", so der Wissenschaftler. "In jeder dieser Betreuungsumwelten ist die jeweilige Qualität entscheidend. Und hier müssen wir in Zukunft noch mehr tun", betonte Tietze. Denn die Studie habe gezeigt, dass die Qualität in Kitas und Krippen im Durchschnitt "verbesserungswürdig" sei.


Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 06.12.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.


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