Ich verschenke einen Comic: "Das Hochhaus" heißt er, "102 Etagen Leben". Und was für ein Leben: in diesem Haus wird geliebt, gelogen, Geschirr gespült und eingebrochen, hier leben Aluhut-Paranoiker über einsamen bösartigen Rentnern, hier diskutieren linke Politikstudenten miteinander und genervte Eltern mit ihren pubertierenden Kindern. Entworfen und im Querschnitt durch alle Wohnungen gezeichnet hat dieses Hochhaus die Hamburger Comiczeichnerin Katharina Greve. Ursprünglich als Webcomic, jede Woche hat sie eine neue Etage draufgesetzt. Und jede Etage funktioniert wie ein kurzer Comicstrip früher in der Zeitung: drei Zimmer, zwei Sprechblasen, eine Pointe.

Jede Etage funktioniert für sich alleine, ich kann also beim Lesen diesen Comic im Erdgeschoss anfangen und mich zum Dach durchlese, oder umgekehrt von oben nach unten, oder auch wild springen. Und irgendwann ergeben sich dann doch Verbindungen, bezieht sich die eine Etagenpointe auf eine ganz andere sieben Stockwerke drunter. Das hat als Onlinecomic schon ganz wunderbar funktioniert, und deshalb hat Katharina Greve dafür auch den renommierten Max-und-Moritz-Preis gewonnen. Jetzt aber kann man sich durch dieses Hochhaus nicht mehr nur durchscrollen, sondern auch durchrollen. Denn der Verlag Round not Square diesen Hochhauscomic auch gedruckt, und zwar auf einer langen Papierbahn. Das ganze Hochhaus, alle 102 Etagen übereinander – 20 Zentimeter breit und sieben Meter lang (bzw. hoch)! Toller Farbdruck auf handgeschöpftem Papier. Diese Comic-Rolle ist etwas sehr besonderes.

Ich schenke diese Hochhaus-Comic-Rolle meiner ersten WG-Mitbewohnerin, mit der ich frisch an der Uni zusammengewohnt habe. In unserem Haus gab es zwar kein Sadomasostudio und keine Wahrsagerin, aber auch viele absurde Diskussionen, und viele skurrile Nachbarn. Ich glaube, das Hochhaus wird ihr gefallen.