Karneval des Essens

Von Wiebke Keuneke · 21.08.2012
"Tischlein deck dich" hieß es weltweit beim sechsten "Restaurant Day". Für diese Ein-Tages-Restaurants verabredet man sich über Facebook. In Berlin traf man sich zum Beispiel zum Essen und Chillen auf dem Tempelhofer Flugfeld und verköstigte Limonade und Gaspaccio. Die Idee für die "pop up Restaurants" stammt aus Finnland.
Das Tempelhofer Feld, mitten in Berlin. Der ehemalige Flughafen ist seit zwei Jahren ein Park: Auf der Riesenfläche von 380 Fußballfeldern spazieren in der Gluthitze dieses Sonntags Tausende über die weiten Wiesen oder gleiten mit Rollerskates über die beiden ehemaligen Start- und Landebahnen. Der Asphalt kocht. Abkühlung tut Not.

Die gibt es auf einem kleinen Stück Rasen. Teller klappern, Besteck klimpert – sanft unterlegt von chilligen Elektrobeats, die fast zärtlich aus einem Getto-Blaster ins Ohr kriechen. Hier, nur wenige Meter von einem öffentlichen Gemüse- und Kräutergarten entfernt, in dem jeder, der will, anpflanzen kann, haben ein paar junge Leute Tücher zwischen Holzstangen gespannt. In deren Schatten bilden kleine Tische eine Art Theke. Kalte Limonade steht darauf, selbst gemacht – betont die 25-jährige Katja:

"Das is'n bisschen Freestyle. (lachen) Wir haben ganz viel Ingwer rein gemacht; Minze von unserem Garten drüben; Zitronengras; Muskat – ein bisschen, brauner Rohrzucker ... ja!"

Neben der Limonade schwappt kalte Tomatensuppe in einer Schale – Gaspaccio. Kommt gut an einem heißen Tag. Doch an einem "Restaurant Day" muss ein bisschen mehr aufgetischt werden. Das weiß auch Katja:

"Wir sind halt alle noch aus Berlin. Deswegen wollten wir Berliner Küche auch präsentieren. Die Berliner Küche bietet halt viel und ist relativ einfach und günstig und aber auch abwechslungsreich. Und wir wollten auch zeigen, dass es nicht nur so `ne schwere Kost ist wie Currywurst, sondern halt auch so leichtere Sachen dabei sein können."

Natürlich darf die typische Bulette nicht fehlen. Aber es gibt auch verschiedene Salate, vegane Muffins und lockere Kuchen. Das ganze erinnert mehr an einen Stand beim Dorf-Gemeindefest als an ein Restaurant. Aber das Wichtigste: Die Gäste sind zufrieden:

Mann: "Ich habe das im Internet gelesen und wir sind hier, liegen den ganzen Tag in der Sonne, essen, trinken und haben Spaß."

Frau: "Also zu Hause hat mir noch niemand einen Kirschkuchen gebacken. Da musste ich extra nach Berlin kommen." (lachen)

Mann: "Ich find´s jetzt hier einfach nett, weil man hier einfach zusammenkommt, und weil sich hier viele Leute treffen."

Die soziale Komponente ist mindestens so wichtig wie das Essen selbst. Kurz: Der Restaurant-Day bietet feste, flüssige – und auch geistige Nahrung: Julian und seine Freunde diskutieren die Bedeutung von qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln - sie wollen auch andere für diese Leidenschaft begeistern.
Julian: "Die Idee für mich ist aber, dass Leute, die einfach Lust haben, Essen zu machen, was in Deutschland recht schwierig ist, in offizieller Form als Gastro-Event-Organisator – das sie es einfach machen können nach Lust und Laune."

Open Air ist übrigens kein Muss am Restaurant-Day – im Gegenteil. Aber an einem Hitzetag wie diesem bietet sich das Schmausen unter freiem Himmel einfach an. Immerhin bleiben die Preise cool: Eine Portion Salat, ein Stück Zwiebelkuchen oder eine Kelle Gaspaccio – alles kostet höchstens 1,50 Euro. Und der Frischefaktor wächst nur ein paar Meter weiter, erläutert Julian:

"Als Gruppe haben wir ein paar Beete da drüben. Und: Was halt kommt, ne? Karotten und Pflücksalat und Bohnen und Erdbeeren und Tomaten und Zucchini und Kürbis und so weiter."

Die jungen Erwachsenen unterhalten sich in der Nachmittagssonne über Weltverbesserungsideen und Rezepte, Großstadt-Netzwerke und Zubereitungsarten von Suppen. Ein paar Kinder flitzen herum – und alles an diesem Restaurant-Day in Berlin wirkt unglaublich entspannt.