Italien

Schlossherr mit Hindernissen

Das Schloss von Civitella Cesi ist noch zu haben. Wer es haben will, braucht vor allem Geld für die Sanierung.
Das Schloss von Civitella Cesi ist noch zu haben. Wer es haben will, braucht vor allem Geld für die Sanierung. © Jan-Christoph Kitzler, ARD Rom
Von Jan-Christoph Kitzler, ARD Rom · 21.06.2017
Ein schönes italienisches Schlösschen besitzen, wäre das nicht was? Möglich macht das der italienische Staat mit einem neuen Gesetz, das die touristische Infrastruktur verbessern soll. Der Haken: Man zahlt 50 Jahre Miete – und die komplette Sanierung. Und die ist nicht billig.
Erst einmal müssen sie den Schlüssel finden, dann wird eine schwere Eisenkette weggezogen und das Tor geht auf. Und um es gleich zu sagen: das Schloss von Civitella Cesi, rund 70 Kilometer Luftlinie nordwestlich von Rom, ist nicht in allerbestem Zustand. Das muss auch Elena Tolomei, die Bürgermeisterin, zugeben:
"In einigen Bereichen ist das Schloss noch ganz gut erhalten. Die Fußböden, einige originale Teile der Architektur. Andererseits ist ein Großteil der alten Fenster und Türen verloren gegangen. Es muss also viel restauriert werden."
Viele Adelsfamilien waren hier die Schlossherren, zuletzt die Torlonia, die mal eine der reichsten Familien Italiens waren.
Dann wollte Valter Lavitola einsteigen. Er hatte großes vor, begann mit der Renovierung der 1.200 Quadratmeter großen Räumlichkeiten. Doch schließlich wurde der einstige Intimus von Silvio Berlusconi wegen versuchter Erpressung verurteilt und das Schloss beschlagnahmt.
Jetzt ist es in Staatsbesitz und wird von Roberto Reggi verwaltet, dem Direktor der zuständigen staatlichen Agentur.
"Heute steht es leer, aber es könnte ein Luxushotel entstehen, oder eine Jugendherberge, oder ein Restaurant mit einem Laden, in dem lokale Produkte verkauft werden. Oder ein kleines Museum, das die Geschichte dieses Schlosses erzählt, das um das Jahr 1000 im Mittelalter gebaut wurde. Enorm viele Möglichkeiten, die Investoren interessieren könnten."
Im Inneren des Schlosses von Civitella Cesi zeigt sich: Die Sanierung könnte lang und kostspielig werden.
Im Inneren des Schlosses von Civitella Cesi zeigt sich: Die Sanierung könnte lang und kostspielig werden.© Jan-Christoph Kitzler, ARD Rom

Mindestens zwei Millionen Euro kostet die Sanierung

Wenn man in den Räumlichkeiten unterwegs ist, braucht man viel Fantasie, um sich das vorzustellen. Und vor allem viel Geld: mindestens zwei Millionen Euro kostet die Sanierung, schätzt Reggi. Aber er will noch mehr solcher Objekte an die Frau oder den Mann bringen: über 100 staatliche Gebäude sollen noch in diesem Jahr Privatleuten überlassen werden, die daraus etwas machen wollen. Und im nächsten und übernächsten Jahr noch mal jeweils genau so viele.
So soll eine touristische Infrastruktur entstehen, wo sie bisher fehlt. Civitella Cesi zum Beispiel liegt am Frankenweg, einem alten Pilgerweg nach Rom, auf dem, wie auf dem Jakobsweg auch, immer mehr Touristen unterwegs sind:
"Der langsame Tourismus wächst in Italien und auf der Welt. Wir wollen den Touristen, Wanderern, Pilgern bessere Dienstleistungen bieten. Unterkünfte, aber auch Kulturstätten, die die Geschichte dieser Wege erzählen."
Aber ob sich das für den künftigen Schlossherren lohnt? Er muss die Renovierung stemmen, und noch eine jährliche Miete zahlen. Dafür kann er die alten Gemäuer bis zu 50 Jahre lang nutzen.
Das Schloss von Civitella Cesi von außen.
Das Schloss von Civitella Cesi von außen.© Jan-Christoph Kitzler, ARD Rom

Über 21.000 Interessenten für 100 Gebäude

Roberto Reggi sagt, dass sich schon über 2.000 Interessenten gemeldet hätten, davon 15% aus dem Ausland. Für alle rund 100 Gebäude zusammen soll es schon über 21.000 Interessenten geben. Bürgermeisterin Elena Tolomei fängt fast schon an zu träumen:
"Das Schloss könnte das Zugpferd der Wirtschaft des ganzen Dorfes werden. Civitella Cesi ist - wie viele italienische Dörfer - eines, das stirbt, das langsam verschwindet. Weil es weitab von den großen Straßen ist, ist es isoliert. Aber das genau macht das Dorf auch so besonders. Denn es ist ganz ursprünglich geblieben."
Die offizielle Ausschreibung beginnt im Herbst. Bis dahin bleibt das Tor zu und das Schloss von Civitella Cesi im Dornröschenschlaf. Mindestens.
Mehr zum Thema