Inthronisierung von Japans Kaiser Naruhito

Wie vor Jahrhunderten

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Japans neuer Kaiser in einem orangenen Umhang.
Der Kaiser nahm in einer kupferfarbenen Robe mit einer schwarzen Kopfbedeckung auf dem acht Tonnen schweren Thron Platz. © imago images / Xinhua
Maik Sprotte im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 22.10.2019
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Japans neuer Kaiser Naruhito hat in einer von uralten Traditionen geprägten Palastzeremonie den Wechsel auf dem Thron der ältesten Erbmonarchie der Welt verkündet. Rund 2000 Würdenträgern aus dem In- und Ausland nahmen an der Zeremonie teil.
Japan hat einen neuen Kaiser. Die Zeremonie ist von den Medien weltweit übertragen worden. Die letzte Inthronisierungsfeier fand 1990 statt, erklärt Maik Sprotte, Professor für die Sozial- und Kulturgeschichte Japans an der Freien Universität Berlin:
"Wenn man sich die Zeremonie 1990 ansieht und mit der Heutigen vergleicht, wird man feststellen, dass sie weitgehend gleich abgehalten wurde. Der Unterschied ist lediglich wetterbedingt."

Alte Traditionen im 21. Jahrhundert

Die Zeremonie hat eine große kulturelle Bedeutung, sie geht teilweise auf die japanische Geschichte des 9. Jahrhunderts zurück. Der Kaiser nahm in einer kupferfarbenen Robe mit einer schwarzen Kopfbedeckung auf dem acht Tonnen schweren Thron "Takamikura" Platz. Nur Trommel- und Gong-Schläge durchbrachen die Stille und gaben den Ablauf der Zeremonie vor.
Die Bedeutung des Kaiserhauses habe über die Jahrhunderte unterschiedliche Brüche erlebt, erklärt Sprotte. "Wir bewegen uns hier natürlich im Bereich der Mythologie, wenn wir sagen, er sei der 126. Tenno seiner Dynastie. Denn da beziehen wir uns auf eine sehr mythische Thronbesteigung im Februar 660 vor unserer Zeitrechnung, des mutmaßlich ersten japanischen Tennos."

Kein Gott mehr

Eine bedeutende Zensur habe 1945/47 stattgefunden: Nachdem Japan den asiatisch-pazifischen Krieg verloren hatte und ein Demokratieprozess einsetzte, wurde der Großvater des gegenwärtigen Kaisers in einer "Menschlichkeitserklärung" veranlasst, deutlich zu machen, dass er keine Gottheit sei, erklärt Sprotte. Vorher habe der Kaiser als Nachfahre einer Sonnengottheit gegolten.
Die Zeremonien seien dennoch stark religiös konnotiert, was aus jener Doppelfunktion des Tennos im japanischen Kontext zu erklären sei, erklärt der Japanologe: "Der Kaiser ist einerseits als Symbol des japanischen Staates und der Einheit des japanischen Volkes, wie es die japanische Verfassung bezeichnet, ein Vertreter des Staats, ohne politisch zu werden. Und auf der anderen Seite durch die Tradition Oberpriester der japanischen Religion des Shinto."
Eine ursprünglich geplante Parade des Kaisers mit seiner Frau wurde wegen der jüngsten Zerstörungen des Taifuns "Hagibis" auf den 10. November verschoben.
(nho)
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