Internet-Konferenz re:publica

Netflix - Großmachtpläne für die Fernsehwelt

Netflix-CEO Reed Hastings spricht am 05.05.2015 bei der Internetkonferenz Re:publica in Berlin. Die Konferenzen laufen vom 05.05.2015 bis 07.05.2015 unter dem Motto "Finding Europe".
Netflix-CEO Reed Hastings bei seinem Auftritt auf der re:publica 2015 © picture-alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Alexander Soyez · 06.05.2015
Reed Hastings, der Chef des Streaming-Dienstes Netflix, hat Großes vor: die Berieselung der ganzen Welt. Auf der re:publica in Berlin trug er seine digitale Zukunftsvision vor: Fernsehen wird Fernsehen bleiben - aber auf Abruf und aus dem Netz.
Netflix ist die schöne neue Welt des Fernsehens, und Reed Hastings hat aus einer Internetvideothek, die DVDs per Post verschickte, eine richtungsweisende Erfolgsgeschichte gemacht. In 50 Ländern ist der Internetstreaming-Dienst mittlerweile schon vertreten und in den nächsten 18 Monaten ist Rest der Welt dran.
"Wir wollten immer global agieren. Um das zu erreichen, muss man eigene Inhalte anbieten, weil es sonst sehr schwierig ist, globale Lizenzen für nicht selbst produzierte Shows zu bekommen. In jedem Land will jeder ein Stück vom Kuchen. Um unseren Traum zu verwirklichen, ein wirklich globales Angebot zu erschaffen, müssen wir noch mehr eigene Inhalte schaffen."
Wie schwierig das mit den Lizenzen ist, sieht man ironischerweise ausgerechnet an der Serie, mit der Netflix erst so richtig berühmt wurde und die Idee des Internet-Fernsehen aus der Nische holte: Die dritte Staffel des politischen Katz-und Maus-Spiel von Kevin Spaceys Frank Underwood in "House of Cards" gibt es Deutschland nämlich erst mal nur auf Sky. Nicht schön, aber auch nicht mehr als ein Überbleibsel alter Verträge aus der Zeit, bevor auch skeptische Kreditgeber an Hastings weltweite Netflix-Vision glaubten.
"Die Idee ist im Grunde ganz simpel. Das Internet ist global und Unterhaltung sollte global sein. Wir hoffen, bald auf der ganzen Welt verfügbar zu sein und mehr und mehr Filme und natürlich Fernsehserien wie 'Bloodline' oder 'Orange Is the New Black' überall anbieten zu können. Ohne ortspezifische Filter oder Beschränkungen."
"In 20 Jahren wird das lineare Fernsehen irrelevant sein"
Grenzenlose selbstproduzierte Unterhaltung und Fernsehen aus dem Internet – Netflix ist der Vorreiter auf diesen beiden Gebieten, während andere Streamingdienste auf Bestandsware setzten, die wirklich großen Internetkonzerne keine durchschlagenden Inhalte boten und erfolgreiche Programmanbieter beim Schritt ins Netz zögerten.
"Wir hatten nichts zu verlieren. Wenn man nichts zu verlieren hat, kann man mehr riskieren als andere, die ein großes System mit sich herumschleppen – wie beispielsweise Sky oder HBO, deren Aufgabe es jetzt ist, sich schnell anzupassen. Sky bewegt sich da gerade sehr schnell und irgendwann wird man nicht mehr wissen, dass Sky mal Satellitenfernsehen war. Das gleiche gilt für den Kabelsender HBO – in fünf oder zehn Jahren wird HBO überall im Internet zu empfangen sein."
Das normale, sogenannte lineare Fernsehen mit seinen "Sendezeiten" jedenfalls ist wie das Schnurtelefon, sagt Hastings. Es hatte seine Zeit, aber es wird in den nächsten 20 Jahren irrelevant werden.
"Der Fernseher der Zukunft ist ein großes iPad mit einer gewissen Anzahl an Apps und verschiedenen Kanälen - wie Snapchat, oder Twitch, eine Art Videospiel-Fernsehen, oder eher traditionelle Sender wie Netflix. HBO oder Sky sind da auch drauf."
Serien machen Lust auf ein Abo
Sowie natürlich auch öffentlich-rechtliche Programme, für die es, so Hastings, einfacher ist, den Wechsel mitzumachen. Letztlich heißt das, Fernsehen bleibt Fernsehen, anstelle auf Programmplätze drückt man auf Apps. Es kommt auf die Inhalte an – auf die besten Nachrichten, auf Sportübertragungen in höchster Auflösung oder wie bei Netflix auf Serien, die Lust auf ein Abo machen – und bislang hat Hastings weder mit seiner Vision noch mit seinen Serien falsch gelegen.
"Nein. Keine Rückschläge, alle unsere Serien waren erfolgreich und sind verlängert worden. Also sage ich meinem Team immer wieder, dass wir noch mehr Risiken eingehen können, um unsere Grenzen auszuloten."
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