Internationales Festival der Polizeipuppenbühnen

Seid ihr alle da? - Und ob!

Die Handpuppen Wachtmeister Hase und Bösewicht Oswald
Die Polizeipuppenbühne Osnabrück begeistert mit Wachtmeister Hase und Fiesling Oswald die Schüler in Nürnberg. © Deutschlandradio/ Tobias Krone
Von Tobias Krone · 16.05.2018
In Nürnberg scharen Polizisten zahlreiche junge Fans um sich. Beim Internationalen Festival der Polizeipuppenbühnen begeistern sie die Generation Smartphone für eine alte Tradition. Mit Handpuppen und einer "Moralkeule" als Dienstwaffe klären sie über Recht und Gesetz auf.
Oswald: "Und hast du an alles gedacht?"
Max: "I-i-i-ich...."
Max wird erpresst... auf dem Schulweg... vom fiesen Oswald mit den orangen Haaren. Oswald will... sein Geld. Nur Max hat keines. Wie gut, dass Max aber eine Freundin hat: Jenny.
Jenny: "Stopp! Oswald! Lass sofort meinen Freund Max in Ruhe!"
Oswald: "Ey, misch du dich hier nicht ein!"
Die beiden sitzen in der Klemme. Oder besser gesagt, auf der Leiste der Polizeipuppenbühne Osnabrück, die gerade im Nürnberger Verkehrsmuseum gastiert. Rund 100 Schüler im Publikum halten den Atem an. Und Thomas Mäster - hinter der Bühne - die Figur des fiesen Oswald auf der Hand, hat Spaß, gemeinsam mit seinem Puppentrupp wurde er formell "angefordert". Zusammen mit neun anderen Puppenbühnen aus Deutschland und Luxemburg bespielen sie das Festival. Dass Polizei mit Puppen Kinder beschult, hat eine alte Tradition. Sagt Polizist Harald Gläser vom Festivalteam:
"Sie benutzt die Seele der Kinder, um den Kindern das Thema Verkehrssicherheit näher zu bringen. Im Gegensatz zu uns Erwachsenen, die mit dem Verstand arbeiten, ist es bei den Kindern so, dass die eher das Verkehrsgeschehen mit dem Gefühl erleben. Und da setzen wir eben mit dem Puppenspiel an."

Das Puppenspiel überlebt auch das Smartphone

Dennoch drängt sich natürlich die Frage auf, wie sehr die Kids der Generation Smartphone es noch feiern, wenn Stoffpuppen auf einer ziemlich statischen Holzbühne herumflitzen. Thomas Mäster macht sich da keine Sorgen.
"Das Medium Puppe - so wie das bei uns genannt wird: Methode Puppenspiel - ist immer noch ein adäquates Mittel, die Leute zu erreichen, ob Klein, ob Groß."
Die Methode Puppenspiel. Vom hochkulturellen Standpunkt aus muss man sie gar nicht unbedingt als theatrales Relikt betrachten. Susanne Kennedy, die schwer gehypete Regisseurin auf den Volks- und Kammerspielbühnen Berlins und Münchens, stülpt ihren Schauspielern gern mal Gummimasken über - und lässt sie dann nur noch Playback reden: amorph liegt im Trend, Leben streng gefiltert durch die LSD-Membran. Kennedy versetzt das Publikum damit in einen Dämmerzustand. Ganz anders natürlich das Aktivitätslevel beim klassischen Puppentheater. Behauptet Harald Gläser.
"Ich denke, es liegt daran, dass die Kinder teilhaben am Stück. Sie sehen nicht nur wie vorm Fernseher oder am Videospiel, wo sie eigentlich nur konsumieren, sondern sie sind ein Teil des Stücks, sie beteiligen sich - das geht sogar soweit, das habe ich selbst erlebt, dass Kinder nach vorne gerannt sind an die Bühne, und haben dem Bösewicht ihre Schuhe drübergeknallt."
Die Handpuppen von Wachtmeister Hase und Fiesling Oswald, im Hintergrund die Puppenbühne
Puppenspiel out? Im Gegenteil, sagen die beteiligten Polizisten. Kinder erreichen sie damit nach wie vor.© Deutschlandradio/ Tobias Krone
Der Realitäts-Check an diesem Morgen ergibt: Der Polizist - ein etwas knorriger Puppen-Charakter, der mit seiner Schnurrbartleiste an Super Mario erinnert, hat die volle Aufmerksamkeit - und sofort den Respekt der Schüler.
Polizist Herr Hase: "Grüß Gott. Wie man sieht, bin ich Polizist und ich mach hier eine große Verkehrskontrolle hier an der Grundschule Nürnberg. Aber ich vergaß mich vorzustellen. Mein Name ist Herr Hase. Guten Morgen alle zusammen."
Publikum: "Guten Morgen, Herr Hase."
Und selbstverständlich vertraut sich auch Mobbingopfer Max schnell dem Wachtmeister an.
Max: "Oswald hat gesagt, ich soll klauen. Das mach ich nicht, Herr Hase."
Polizist Herr Hase: "Ja, das ist auch gut, dass du das nicht tust. Aber nun beruhige dich doch erst einmal."

Vielleicht auch ein Unterrichtsmittel für Erwachsene?

Ergriffenheit und Totenstille im Publikum. Am Ende führt Polizist Hase den fiesen Oswald ab. Großer Applaus. Die Kritiker im Saal, Drittklässler einer Grundschule aus dem Nürnberger Bahnhofsviertel, sind sich nach der Vorstellung weitgehend einig.
"Es hat mir gefallen, weil es um Freundschaft und Streit geht - beste Freunde und..."
"Also dass die Freundin Jenny dem Jungen, also dem Max hilft - und das finde ich halt schön."
Sicherlich mitentscheidend für den pädagogischen Erfolg des Puppenstücks ist die Waffe der Polizeipuppen - die Moralkeule. Der Puppentrupp aus Osnabrück hängt zur Absicherung der Lernergebnisse noch eine Reflexionsrunde mit Yeti-Zottel-Puppe Jogi an.
Sollte die Abteilung Puppentheater der Polizei nicht gerade in Bayern, wie man im Innenministerium so schön sagt, "aufwachsen"? Dort, wo man gestern Abend erst ein neues, hochumstrittenes Polizeiaufgabengesetz beschlossen hat - und Ministerpräsident Markus Söder angekündigt hat, kritische Schüler und Studenten mithilfe der Polizei nochmal aufzuklären? Einer ehrlichen Haut wie Herrn Hase würden sie bestimmt vertrauen.
Polizist Herr Hase: "Tschüß Kinder!"
Kinder: "Tschüß!"
Polizist Herr Hase: "Sehr freundlich."
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