Internationale Tourismusbörse in Berlin

Werde Nomade!

Schamane aus der Mongolei
Der mongolische Schamane Batgerel Batmunkh segnet ein Messer mit der Zunge während eines Heilungsrituals. © dpa / picture alliance / EPA / How Hwee Young
Von Ruth Kirchner, ARD-Korrespondentin in Peking · 04.03.2015
Die Mongolei steht als Gastland im Mittelpunkt der diesjährigen ITB in Berlin. Es wirbt mit grandiosen Landschaftspanoramen, Einsamkeit und alter Kultur. Das Land braucht dringend zusätzliche Einnahmequellen und setzt auf abenteuerlustige Individualisten.
Das Land von Dschingis Khan. Weite Steppen, Gebirge, grünes Grasland, die Wüste Gobi. Die Mongolei – ein Binnenland, eingeschlossen von China und Russland – wirbt mit grandiosen Landschaftspanoramen, Einsamkeit und alter Kultur. Das Land ist mehr als viermal so groß wie Deutschland, hat aber mit drei Millionen Einwohnern die geringste Bevölkerungsdichte der Welt.
Ein Reiseland für Individualisten und Abenteuerlustige. Die Fahrten zu den Nomadencamps, die Übernachtung in den Gehrs, den Nomadenzelten, weit draußen in der Steppe – das zöge Besucher an, sagt Tourismusministerin Tesevdamba Oyungerel:
"90 Prozent aller Touristen kommen um den Lebensstil der Nomaden zu erleben – sie wollen auf Pferden oder Kamelen reiten, eine Kuh melken, Milchprodukte probieren. Das ist etwas, das vor allem abenteuerlustige Stadtbewohner einmal im Leben ausprobieren wollen."
Ein Nischenland
Mit Slogans wie "Go Nomadic" wirbt die Mongolei um Besucher. Doch noch bleibt sie ein Nischenland. Gerade mal 400.000 Touristen haben das Land im letzten Jahr bereist. Nach dem Willen der Regierung sollen es in fünf Jahren jedoch schon doppelt so viele sein.
Der Tourismus soll das dritte Standbein der Wirtschaft werden - neben der Landwirtschaft und dem Bergbau. Denn die Mongolei braucht dringend zusätzliche Einnahmequellen: Immer noch lebt jeder dritte Mongole in bitterer Armut. Das idyllisch anmutende Nomadenleben kann viele Familien nicht mehr ernähren. Jedes Jahr brechen tausende ihre Gehrs in der Steppe ab und bauen sie am nördlichen Stadtrand von Ulan Bator wieder auf.
Die Hauptstadt hat sich zwar zu einer modernen Metropole entwickelt – mit glitzernden Hochhausfassaden, Luxusgeschäften und viel Verkehr. Doch in den Nomadensiedlungen am Stadtrand fehlt es am Nötigsten, an fließend Wasser und Kanalisation.
"Als wir das erste Mal nach Ulan Bator kamen, kam uns das städtische Umfeld sehr attraktiv vor", erzählt beispielsweise diese Mutter von drei Kindern. Als ich aber keine Arbeit fand, wurde es schwierig.
Reich an Rohstoffen
Dabei ist das Land eigentlich reich – an Rohstoffen wie Kohle, Gold, Uran und Kupfer. Doch davon profitieren bislang nur wenige. Die Goldgräberstimmung zu Beginn des Jahrzehnts, als Investoren vom neuen Katar Zentralasiens sprachen, ist längst wieder verflogen. Es gibt erbitterte Streitigkeiten mit internationalen Investoren, der Staat ist hoch verschuldet. Die wirtschaftliche Abhängigkeit von den übermächtigen Nachbarn – Russland und China – ist immer noch erdrückend. Auch Korruption ist in der jungen Demokratie ein Riesenproblem. Vor allem sind die Rohstoffpreise weltweit eingebrochen, das mache der Mongolei schwer zu schaffen, sagte Stefan Hanselmann von der GIZ, kürzlich im Ifo-Institut in München:
"Der massive Rückgang der Bergbauaktivitäten, der aus einer verringerten Nachfrage in China, deutlichen Einbrüchen bei den Preisen, hohen Transportkosten wegen mangelnder Infrastruktur und oftmals geringer Produktivität vieler Minen resultiert, lässt die Arbeitslosigkeit kontinuierlich steigen."
Derzeit laufen – erstmals seit Jahren - wieder Gespräche über ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds. Denn grandiose Landschaften allein und ein paar mehr Touristen können das angeschlagene Land aus seiner derzeitigen Misere kaum befreien.
Mehr zum Thema