Filmfestival in Südkorea

Filme, die Türen öffnen

Filmstars laufen 2016 bei der Eröffnung des 21. Filmfestivals in Busan über den roten Teppich.
Filmstars auf dem roten Teppich beim Filmfestival im südkoreanischen Busan. © imago / stock&people / Yonhap
Anke Leweke im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 17.10.2017
Während die USA und Südkorea Kriegsschiffe ins Japanische und Gelbe Meer senden, treffen sich in der südkoreanischen Hafenstadt Busan die Stars der internationalen Filmbranche. Das dortige Filmfestival zeigt, wie das südkoreanische Kino die Trauma der Vergangenheit verarbeitet.
Fast 15 Flugstunden von Deutschland entfernt findet jedes Jahr Asiens größtes Filmfestival statt. Das Festival in der südkoreanischen Hafenstadt Busan ist wie Berlin und Toronto ein Publikumsfestival. Mehr als 400.000 Eintrittskarten werden dort voraussichtlich in diesem Jahr verkauft.
Die einheimische Filmproduktion findet nicht nur im Schatten von Nordkoreas Diktators Kim Jong-un statt, sondern auch unter schwierigen politischen Bedingungen im eigenen Land. Viele südkoreanische Kulturschaffende haben in den vergangenen Jahren gegen Ex-Präsidentin Park aufbegehrt. Sie ließ daraufhin eine schwarze Liste erstellen. Kulturellen Institutionen, die sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzten, wurde der Etat gekürzt. Auch das Festival in Busan war betroffen.

Präsident Moon sichert künstlerische Freiheit zu

Inzwischen hat sich der Wind aber gedreht, berichtet unsere Filmkritikerin Anke Leweke, die nach Südkorea als Beobachterin gereist ist. Die Verantwortlichen für Kürzungen und schwarze Liste seien entlassen, Gerichtsverfahren eingeleitet worden, berichtete sie im Deutschlandfunk Kultur. Präsident Moon sei am Sonntag auf dem Festival mitsamt seinem Kulturminister aufgetaucht - und habe öffentlich versichert, dass das Filmfest nun künstlerische Freiheit hat.
Laut Leweke verarbeiten die südkoreanischen Filmemacher noch immer die Trauma der Vergangenheit. Im Zentrum der schmerzhaften Erinnerungen steht dabei die Militärdiktatur, die Oppositionelle foltern und ermorden ließ. Das koreanische Kino sei durch Rachegeschichten bekannt geworden, analysiert Leweke. In den Filmen habe es auch immer extreme Gewalt gegeben, und man habe immer gespürt, dass diese Gewalt über die Geschichte des Films hinausgehe:
"Man hat wirklich das Gefühl gehabt, dass die ganzen Wunden und Verletzungen auf der Leinwand regelrecht aufgeplatzt sind."

Metaphern sind nicht mehr notwendig

Dieses Kino sei jetzt aber vorbei: "Man muss nicht mehr über Metaphern gehen." Jetzt gebe es auch Filme, wo konkret in die "Folterkeller der Militärdiktatur" geblickt werde. Dokumentarfilme darüber werden gezeigt, aber auch das Mainstream-Kino habe sich des Themas schon angenommen - so wie der Film "A Taxi Driver", in dem ein Taxifahrer einem deutschen Journalisten - gespielt von Thomas Kretschmann - dabei hilft, das Militärmassaker von Gwangju aufzudecken.
Doch auch das Arthouse-Kino lebt in Südkorea. Es sei "soziales Kino" und immer "auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten", sagte Leweke. Junge Regisseure erzählten hier Geschichten von Überlebenskämpfen:
"Das Land leidet noch immer unter einer Wirtschaftskrise, es gibt kein soziales System - und dann gibt es hier ja die Kultur, dass man nicht das Gesicht verlieren darf. Deshalb zieht man sich zurück, diese Überlebenskämpfe finden quasi hinter verschlossenen Türen statt. Und das Kino öffnet diese Türen - und macht es in sehr präzisen Erzählungen."
(ahe)
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