Instrumenten-Wettbewerb für Kinder

Eine halbe Geige ist der erste Preis

Musiker der Brandenburger Symphoniker spielen am 30.07.2013 in Rheinsberg (Brandenburg) im Heckentheater des Schlossparks bei der Aufführung der Phantastischen Oper "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach.
Wer spielt später mal die erste Geige? Mit passenden Instrumenten sollen Kinder mehr Spaß am Üben und Erfolg haben. © picture alliance / Jens Kalaene
Von Carolin Pirich · 16.04.2018
Eine gute Geige kostet mehrere tausend Euro, nicht jede Familie kann sich das leisten. Deshalb führen Geigenbauer einen Wettbewerb durch, bei dem Kinder ein passendes Streichinstrument gewinnen können – um darauf leihweise zu spielen.
"Ich heiße To Uyen Pham, ich gehe in die vierte Klasse, und ich war sehr aufgeregt und auch ein bisschen ängstlich, weil Geigespielen ist auch sehr schwer."
To Uyen hat es geschafft: Zwei Stücke vor dem Publikum und der Jury hat sie gespielt, schön, fehlerfrei.
Hinter der Tür im Saal des Carl-Philipp-Emmanuel-Bach-Musikgymnasiums in Berlin-Mitte musiziert schon der nächste Kandidat. To Uyen packt ihre Geige in den Kasten. Sie ist neun Jahre alt, trägt ein Kleid in schwarz-weißen Ringeln. Ihre Mutter meinte, schwarz-weiß, das wirkt ordentlich und schön auf der Bühne. Ihr ist das egal. Trotzdem, für den Wettbewerb hat To Uyen täglich eine Stunde Geige geübt und eine Strategie entwickelt, wie sie ihr Lampenfieber überlistet:
"Ich habe mir vorgestellt, was richtig Lustiges, dass das Publikum eine Schweinsnase aufhat. Ich bin darauf gekommen, weil ich das lustig finde, da werde ich fröhlich, und dann kann ich besser spielen."
Der nächste Kandidat, der um eine Geige spielt, heißt Nikolai und ist ebenfalls neun. Seine Lippen sind blass, seine Lederschuhe glänzen. Er stellt sich vor den Flügel und schaut sich im Saal um. Das Publikum sitzt auf bequemen Stühlen und erwidert seinen Blick: Kinder, Eltern und die Jury, eine Frau, vier Männer.
Rüdiger Pfau ist Vorsitzender der Jury:
"Wir haben geachtet auf das Potenzial, das die Kinder haben, wie das musikalische Empfinden ist."

Kostenlose Leihgabe an junge Talente

Als er fertig ist, möchte Nikolai lieber nicht ins Mikrofon sprechen. Das war ja gerade aufregend genug. Seine Hände sind eiskalt. Nikolai hat großes Talent, aber seine Geige ist zu klein für ihn. Er spielt heute um die einzige halbe Geige, die einer der Geigenbauer extra für den Wettbewerb gebaut hat.
Während sich die Jury zur Beratung zurückzieht, dürfen Nikolai, To Uyen und die anderen Kinder zwischen sieben und 13 Jahren die Instrumente ausprobieren, die die Geigenbauer kostenlos an die Gewinner des Wettbewerbs ausleihen.
"Man hat einfach auf einem handgebauten Instrument sehr viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten, Klang zu gestalten."
Bärbel Bellinghausen baut Geigen in Wien, vor allem große Geigen.
"Es ist technisch das Gleiche, alles nur kleiner, könnte man flapsig sagen, aber wir machen das alles nicht so häufig. Es ist die Kunst, dass man diese kleine Box genauso baut, dass viel Klang rauskommt. Das ist schon nicht ohne, eine gut klingende kleine zu bauen, aber deshalb melden sich die Kinder auch für den Wettbewerb an."
Eine kleine Geige macht nicht weniger Arbeit als eine große, etwa ein Vierteljahr steckt in solch einem Instrument. Eine kleine Geige ist deshalb auch nicht wesentlich günstiger: Bei Bellinghausen kostet ein solides Instrument um die 16.000 Euro.
Greta, zehn Jahre alt, sucht noch ihre Favoriten-Geige:
"Die einen waren ein bisschen härter, die anderen weicher und dann gab es noch welche, die waren drahtig auf der A-Seite, manche waren rund. Meine Geige ist auch gut, aber ich wünsch mir eine neue, weil meine nicht so viel Klang rausbringt."

Technische Fähigkeiten sind nicht entscheidend

Nikolai hat nur noch eine Konkurrentin um die einzige halbe Geige. Carla ist sieben. Carlas Oma konnte sie nicht überreden, die Haare zu kämmen. Sie ist nicht so zielstrebig wie Nikolai. Bis zu ihrem Auftritt war es nicht sicher, ob sie überhaupt Lust hatte zu kommen.
"Vielen Dank an alle Kinder, es war rundum schön. Und jetzt will ich auch mal schauen, ob jemand ein Instrument kriegt, nein, auf jeden Fall."
16 Uhr. Rüdiger Pfau, ein schlanker, freundlicher Mann in Pulli und Jeans, verkündet die Ergebnisse. Pfau ist Bogenbauer aus Berlin und Vorsitzender des Vereins Con-Takt.
"Die technischen Fähigkeiten sind gar nicht so interessant, sondern… Bei denen wir das Potenzial sehen, die wollen wir unterstützen und hoffen dann, dass sie mit dem neuen Instrument mehr Lust am Üben kriegen und sie sich weiterentwickeln."
Am Ende bekommt Nikolai den vierten Platz. Den ersten erreicht die jüngste Kandidatin, Carla. Sie darf die seltene halbe Geige mit nach Hause nehmen.
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