Inspiriert von Bayern

Von Camilla Hildebrandt · 26.07.2007
Für seinen Film "Wer früher stirbt ist länger tot" wurde Marcus H. Rosenmüller bereits mit dem Deutschen Filmpreis geehrt. Er gehört mittlerweile zu den beliebtesten deutschen Nachwuchsregisseuren. Heute kommt sein Film "Beste Zeit" in die Kinos.
Er hätte auch Dichter werden können. Denn schon als Jugendlicher verfasst Marcus H. Rosenmüller seine ersten Zeilen. Nicht etwa für die Poesiealben seiner Klassenkameradinnen, sondern für Büttenreden.

Marcus Rosenmüller: "Ich wurde als 17-Jähriger gefragt, ob ich Büttenreden halten will, ich hatte überhaupt keine Ahnung davon, aber ich hatte eine leichte Ahnung vom Gedichte-Schreiben, im Stile Heinz Erhardt, so Schüttelreime. Und so bin ich auf die Bühne gekommen und hab mehr Kabarett-Dichtform gemacht..."

Mit derbem Karnevals-Humor hatte das allerdings nichts zu tun, betont der 32-Jährige mit den hellbraunen Locken und dem verschmitzen Lächeln. Schließlich waren und sind seine Vorbilder Jerry Lewis und vor allem Ringelnatz. Gedichte schreibt er auch heute noch, nachzulesen in "Samuel Knotterbeck erzählt", Rosenmüllers erstem Gedichtband von 2001.

Rosenmüller: "Zum Beispiel die Kranke in der Straßenbahn. Ich genoss den nassen Nieser einer wahrlich hübschen Frau. Ihr Ehemann, ein wahrlich fieser schimpfet: halt den Mund, du Sau. Doch ich genoss den spontanen klebrig süßen Spuckeschwall und sehn mich nach solch fontanem, gier mich nach dem Wasserfall. Oh Ehemann, wie bist du satt, dass sich nicht deine Zunge streckt, wenn eine Frau solch Spucke hat, die nach Brombeermarmelade schmeckt. Ich füll den Sirup mir in Flaschen, werde täglich davon trinken, werd mich täglich damit waschen und ewig nach dir stinken!"

Nach 14 Jahren Büttenreden in seinem Geburtsort Hausham, - einer 8000-Seelen Gemeinde am Alpenrand, wo er heute wieder mit seiner Frau und seiner 6 Monate alten Tochter lebt - entscheidet sich Rosenmüller aber für den Film. Mit 20 zieht er ins 50 Kilometer entfernte München und studiert an der Filmhochschule. Den Humor seiner Gedichte überträgt er auf die Leinwand.

Seine ersten Werke sind zunächst Dokumentarfilme und ein Spielfilm über Indien, sein Abschlussfilm.

Rosenmüller: "Dann bin ich also plötzlich in Indien gelandet mit meinen bayrischen Wurzeln, und das tat mir sehr gut. Das ist etwas, was ich fürs Leben gelernt habe, dass ich aus dem Suppenteller rausschauen muss, damit man das schätzen kann, was daheim ist."

Indien, Südafrika und Mexiko – alles tolle Erfahrungen, aber die großen Geschichten finde er nun mal im Regionalen, in Bayern, sagt der Regisseur. In seinem Debutfilm "Wer früher stirbt ist länger tot" von 2006 geht es um den zehnjährigen Sebastian aus Oberbayern. Er hat eine Höllenangst vor dem Fegefeuer, da er glaubt am Tod seiner Mutter schuld zu sein.

Filmausschnitt "Wer früher stirbt...":
"Weißt du was passiert, wenn Leute ihren Lebtag lang Unheil anrichten und nicht dafür büßen müssen? Nein. Dann kommen sie vors jüngste Gericht. Was? Und werden verurteilt und ins Fegefeuer geschmissen. Und ich werd dir jetzt mal einen Eindruck davon geben, wie das ist, weil du hast ein paar Sünden zuviel auf dem Buckel!"

Rosenmüller: "Bei "Wer früher stirbt" war es so, dass ich gemerkt habe, das der Mensch sich schnell schuldig fühlt, zu Recht, das ist eine innere Stimme, ein Gewissen. Das hat was Reflektierendes, was Gesellschaftliches, und dafür suche ich Bilder."

Rosenmüller: "Der Katholizismus ist natürlich wahnsinnig gut für Filmemacher. Manchmal mache ich mich schon lustig über so was und zwar, weil ich nicht dran glaube. Aber es gibt auch Bilder, wo ich versuche den Ernst zu sehen."

Dass in seinem zweiten Film "Schwere Jungs" und in seinem Aktuellen "Beste Zeit" auch wieder gnadenlos der breiteste bayrische Dialekt gepflegt wird - Zufall, sagt Rosenmüller.
"Es geht mir darum: was ist für die Geschichte das Richtige, wo ist sie am Stimmigsten so wie jetzt bei "Beste Zeit", das spielt im Dachauer Hinterland – da wäre es völliger Schwachsinn, wenn die jetzt plötzlich Hochdeutsch sprechen würden."

Filmausschnitt "Beste Zeit":
"Ich lass mich doch noch absaugen, das sage ich dir - ich seh’ nix, was weg muss – schau dir das doch an, Klump – das sind eben Hüften, die hat man halt. Ich komm mir vor wie ein Brauereigaul, kann mich gleich runterstellen zum Grasen. Ja, das machste, aber jetzt gehst du erst mal her..."

In "Beste Zeit" geht es um zwei 17-jährige Mädchen, die das Leben entdecken, es geht um Fernweh, Heimat und Liebe. "Beste Zeit" ist Rosenmüllers dritter Film in nur zwei Jahren, und der erste einer Trilogie. Die Dreharbeiten für den zweiten Teil haben schon begonnen.

Leidenschaftliche Arbeitswut wird ihm nachgesagt, nicht nur im Filmbereich. So plant Rosenmüller die Veröffentlichung seines zweiten Gedichtbandes, hat einen Sitz im Gemeinderat der SPD Hausham und außerdem noch sportliche Pläne.
"Irgendwann muss ich noch mal meine Fußballerkarriere beenden und dann muss ich noch mal einen Trainer bestechen, dass er mich noch mal spielen lässt. Denn das hab ich so unspektakulär, ohne zu wissen, dass das mein letztes Spiel ist, vor zwei Jahren das letzte Mal gespielt. Ich bin immer dicker geworden, wahrscheinlich gar nicht mehr einsatzfähig. Aber einmal muss ich noch Fußballspielen, wissend: Das ist ein letztes Spiel und so meine Fußball Karriere beenden."