Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb

Deutschsprachige Literatur im Härtetest

Barbara Wahlster und Wolfgang Hörner im Gespräch mit Maike Albath · 04.07.2015
Wer am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teilnimmt, kann mit großer Aufmerksamkeit der Literaturwelt rechnen. Wer gehört zu den Favoriten für den Hauptpreis? Wir ziehen eine erste Bilanz des diesjährigen Wettlesens in der Sendung "Lesart".
Tim Krohn überraschte und Nora Gomringer wurde Favoritin. 14 junge Schriftsteller, zehn Frauen und vier Männer stellten bei den Literaturtagen im österreichischen Klagenfurt (1. bis 5. Juli 2015) unveröffentlichte Texte vor. Sie waren von der Jury aus sieben Literaturkritikern unter dem neuen Vorsitzenden Hubert Winkels ("Die Zeit") ausgewählt und eingeladen worden.
Auf Vorschlag von Juri Steiner (Schweizer Fernsehen, SRF) las Tim Krohn aus "Zum Paradies", einem Text, der Barbara Wahlster, Redakteurin von Deutschlandradio Kultur, überraschend wie auch seltsam anmutete durch die Art, wie er die biblische Geschichte von Adam und Eva neu erzählt und dabei das ethische Problem der Tötung von Tieren durchdekliniert.
Für Wolfgang Hörner vom Berliner Galiani-Verlag ist allerdings nicht der eigene Autor, sondern Nora Gomringer Anwärterin auf den Ingeborg-Bachmann-Preis, der am Sonntag (5. Juli) verbunden mit einem Preisgeld von 25.000 Euro vergeben wird. Sie stellte sich mit ihrem Text "Recherche" vor.
Von "durchgeknallt" bis realistisch
Angetan war der Berliner Verleger ferner vom breiten Spektrum der ausgewählten Arbeiten, das von "durchgeknallten" Texten, die sehr gut gemacht sein müssten, bis zu "realistischen" reichte. Und Barbara Wahlster fiel auf, wie einig sich die Literaturkritiker der Jury waren, wenn es galt Qualität von Text und Vortrag einzuschätzen – egal ob "stilistische Schrägheiten" oder "Sozialreportagehaftes" geboten worden seien.
Sandra Kegel (Frankfurter Allgemeinen Zeitung) beispielsweise hatte Nora Gomringer - neben Saskia Hennig von Lange - direkt aufgefordert, sich am Wettbewerb zu beteiligen, weil die vielen zuvor eingereichten Arbeiten sie nicht ansprachen. Gegenüber Deutschlandradio Kultur bedauerte die Jurorin jedoch, im Kritikergespräch ihre Kandidatin Gomringer nicht genügend unterstützt zu haben, obschon sie zu ihr viel zu sagen gehabt hätte.
Preis in Klagenfurt macht sich beim Buchverkauf bemerkbar
Nicht nur für Jurymitglieder sind die Tage der deutschsprachigen Literatur anstrengend, sondern auch für die geladenen Schriftsteller. Zwar wirke sich der Erfolg, Preisträger in Klagenfurt geworden zu sein, anschließend durchaus im Buchverkauf aus, gleichwohl rät Wolfgang Hörner empfindlichen Autoren, diesen Wettbewerb zu meiden, weil grobe Kritik sehr verletzen könne.
Die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926 –1973), in der Landeshauptstadt Kärntens geboren und aufgewachsen, hielt 1952 ihre erste Lesung auf einer Schriftstellertagung der "Gruppe 47". Diese Tradition griff der Österreichische Rundfunk (ORF) auf, als er vor 39 Jahren erstmals in seinem Klagenfurter Theater deutschsprachige Literaturtage veranstaltete, die seither – wie einst Ingeborg Bachmann – dem schreibenden
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