Immer und überall verbunden

Von Thomas Wagner · 01.07.2013
Sie lieben das Gespräch mit anderen Menschen - mittels Funkgerät und Morsezeichen. Dabei sind Amateurfunker meistens allein. In Friedrichshafen auf der größten Amateurfunkmesse Deutschlands treffen sie sich von Angesicht zu Angesicht.
Konzentriert sitzt Josef Feichter vor einem Kasten, der so ähnlich aussieht wie ein altertümliches Kofferradio. Seine rechte Hand bewegt eine Morsetaste. Der Südtiroler ist gerade mal Mitte 40. Doch er funkt wie in den Anfangszeiten des Amateurfunks. "Telegrafie" nennen Funkamateure wie Josef Feichter diese Betriebsart.

"Wir haben jetzt schon zwei, drei Mal Antwort gekriegt auf den Allgemeinen Anruf, einmal aus Russland, einmal aus Serbien in Telegrafie."

Mit einer Hand notiert sich Josef Feichter das internationale Funkrufzeichen, mit der anderen bedient er die Morsetaste. Nachrichten übermitteln wie vor über 100 Jahren und das ausgerechnet im digitalen Zeitalter - Josef Feichter hat seinen Spaß daran.

"Das ist schon eine schöne Disziplin, auch deswegen, weil die Übertragung mit Morsezeichen sehr primitiv ist von der Technik her gesehen und eigentlich immer funktioniert. Es gibt weltweit so viele Operateure, die noch Telegrafie machen und sehr gute Telegrafie machen. Und das macht echt Spaß. Man kann die ganze Welt hören und verbinden in Telegrafie."

Hier der Funkamateur, der Kontakte noch mit der Morsetaste findet, dort der Funkfreund, der ein volldigitalisiertes Mini-Funkgerät in der Hand hält.

Das Gerät, das Funkamateur Thomas Kallmaier in seinen Händen hält, ist nicht viel größer als eine Streichholzschachtel. Mit seinem Display erinnert es an ein Smart-Phone. "Echo-Link" - das ist jene digitalisierte Betriebsart, die Sprechfunk über UKW mit dem Internet kombiniert.

Thomas Kallmaier: "Echo-Link ist die Möglichkeit, über spezielle Echo-Link-Stationen mit allen anderen Funkamateuren auf der Welt Kontakt aufzunehmen, mit denen sich zu unterhalten."

Bundesweit unterhält der Deutsche-Amateurradioclub als Dachverband der lizensierten Funkamateure ein flächendeckendes Netz von UKW-Relaisstationen. Fast von jedem Punkt aus sind diese Relaisstationen mit kleinen Handfunkgeräten erreichbar. Gibt der Funkamateur einen digitalen Code ein, öffnet das Relais übers Internet eine Art digitalen Tunnel beispielsweise nach Bangkok oder San Francisco, je nachdem, welche Zieldestination der Funkamateur eingibt. Dort wird das digitale Signal, das übers Internet ankommt, wieder über ein örtliches Relais abgestrahlt - und erreicht einen Funkamateur im Umfeld - gebührenfrei.

Dabei ist aus Sicht der Funkamateure die Lösung übers Internet eine auslaufende Technologie. Die Amateurfunkorganisationen, so Thomas Kallmaier, arbeiten derzeit an ihrem eigenen digitalen Netz:

"Wir in Deutschland versuchen im Moment ein Netz aufzubauen, das Ham Net. Das soll ein Intranet für den Amateurfunk sein, damit wir das allgemeine Internet nicht mehr brauchen."

Das "Ham Net" soll alle Relaisstationen der europäischen Amateurfunk-Organisationen digital miteinander verbinden. Geplant sind Richtfunkverbindung von Relaisstation zu Relaisstation. Das "Ham Net" würde damit selbst dann funktionieren, wenn das Internet ausfiele, beispielsweise nach einer Cyber-Attacke. Dann wären Funkamateure nicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte die ersten, die im Katastrophenfall ein funktionierendes Kommunikationsnetz zur Verfügung stellen könnten.

Kallmaier: "Beim Tsunami oder bei 9/11 waren es Funkamateure, die die Verbindungen machten. Das ist ganz anders mit einem Handy. Das kann kaputtgehen. Aber unsere Funkgeräte sind einfach gebaut. Wir können die überall auf der Welt aufstellen. Wir haben immer Verbindung, überall."

Selbst dort, wo es keinen Strom gibt: Der Belgier Theo van der Reydt hat sich einem neuen Trend im Amateurfunk verschrieben: Dem so genannten "DXpedition", zusammengesetzt aus dem Amateurfunk-Begriff "DX" für weite Entfernung und "Expedition". Theo van der Reydt reist gerne in die Ferne und zwar dorthin, wo's ziemlich einsam ist . Beispielsweise auf das 25 Mal 25 Meter große Inselchen Rockcall mitten im Atlantik, etwa 300 Kilometer westlich der schottischen Küste. Dort schleppte er mit Gleichgesinnten Antennen, Funkanlagen und eine Stromanlage die Felsen hinauf . In 16 Stunden schaffte die Gruppe über 1.000 Verbindungen.

Kallmaier: "Mit Rockcall war es das Abenteuer natürlich. Aber das nicht alleine. Weil: Auf Rockcall gab es so gut wie nie Radiokontakte. Und das machte es für unsere Kollegen, die Radioamateure, natürlich interessant, überhaupt mal eine Verbindung zu Stande zu bringen mit der Insel."´"

Und so geben sich denn die Funkamateure auf der "Ham Radio" in Friedrichshafen als ein bunt zusammengesetztes, neugieriges Völkchen. Ihre Funkrufzeichen tragen sie gerne für jedermann sichtbar auf ihren Schiebermützen. Und kaum einer ist ohne Handfunkgerät unterwegs. Manche fallen dennoch auf - wie jener großgewachsene Mann mit weißem Gewand, der so aussieht wie ein Ölscheich - und vielleicht auch einer ist:

Mohammed Al-Shibani vertritt die "Quatar Amateur Radio Society", ist damit auf der "Ham Radio" ein sehr weit gereister Gast. Dennoch teilt er einen Wunsch mit vielen Funkamateuren, die sich in Friedrichshafen treffen:

Al-Shibani: ""Für mich ist der wichtigste Grund, hierherzukommen, die persönliche Begegnung: Ich will unser Freunde treffen, die wir fast täglich sprechen, aber eben nur über Funk. Aber wir haben sie noch nie gesehen. Deshalb ist es eine tolle Gelegenheit, sie hier zu treffen."
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