Hospiz- und Palliativ-Gesetz

Mehr Hilfe für die Sterbenden

Eine Krankenschwester des Christophorus Hospiz in München versorgt einen sterbenskranken Bewohner
Christophorus Hospiz in München: Hilfe für einen sterbenskranken Menschen © picture-alliance / dpa/Tobias Hase
Von Gerhard Schröder · 29.10.2015
Die Bundesregierung will die Hospiz- wie auch die Palliativ-Versorgung verbessern. Das Ziel: Die flächendeckende Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden sicherzustellen. 200 Millionen Euro sollen die Reformen kosten - doch sogar die Opposition sieht viel Gutes darin.
"Wir wollen, dass sich sterbende Menschen darauf verlassen können, bestmöglich medizinisch versorgt zu sein, nicht in Einsamkeit die letzten Lebenstage zu verbringen."
... sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.
"Deswegen werden wir die ambulante wie die stationäre Hospizarbeit, aber auch die palliativmedizinische Versorgung stärken."
Ziel ist ein flächendeckendes Betreuungsangebot für schwerstkranke Menschen, egal ob sie ihre letzte Lebensphase zuhause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus verbringen. Karl Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD, bringt die Pläne auf eine kurze Formel:
"Vereinfacht gesprochen: Mehr Geld, eine Entbürokratisierung und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Pflege, Hospiz und Palliativmedizin."
Der Tagessatz für die Sterbebegleitung wird deutlich erhöht
Geplant ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Die deutschlandweit rund 230 Kinder- und Erwachsenen-Hospize sollen mehr Geld bekommen. Der Tagessatz für die Sterbebegleitung je Patient wird erhöht von derzeit 198 auf 255 Euro. Auch die ambulanten Hospizdienste sollen stärker unterstützt werden. 200 Millionen Euro wird die Reform kosten, schätzen die Krankenkassen. Selbst die Opposition kann darin gute Ansätze erkennen. Elisabeth Scharfenberg von den Grünen:
"Es findet schon viel statt, das möchte ich auch wirklich nicht kleinreden. Aber wir brauchen mehr, wir brauchen letztendlich mehr Geld. Und, was Herr Gröhe vollkommen außer Acht lässt, das ist die Personalsituation."
Fast die Hälfte der Bundesbürger stirbt im Krankenhaus
Nachholbedarf gibt es vor allem in den Kliniken. Dort sterben die meisten Menschen, 2013 waren es 415.000, hat das Statistische Bundesamt ermittelt, das waren fast die Hälfte der Todesfälle in Deutschland. Viele Kliniken aber sind schlecht vorbereitet auf die Begleitung von Schwerstkranken. Es fehle an den richtigen Konzepten, dem Personal und an Geld, sagt Lukas Radbruch, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.
"Wir stellen uns vor, dass zum Beispiel in jedem Krankenhaus und am besten auch in jedem Pflegeheim ein Palliativbeauftragter benannt wird, der dann – ähnlich wie der Hygienebeauftragte – gucken muss, dass die verfügbaren Standards im Krankenhaus umgesetzt werden, dass Weiterbildung stattfindet und dass irgendwo auch ein Spezialist greifbar ist, den man im Notfall um Rat fragen kann."
Auf dem Land gibt es gleich mehrere Probleme
Besonders groß sind die Lücken in den ländlichen Regionen. Dort gibt es weniger Hausärzte, Krankenhäuser und Hospize, die schwerstkranke Patienten begleiten können. Hier muss mehr getan werden, sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach:
"Wir haben auf dem Land jetzt im Wesentlichen ein Dreifach-Problem: Wir haben zu wenig Hausärzte, mit sinkender Tendenz, und in der Palliativ- und Hospizmedizin konnte der Aufbau erst gar nicht richtig betrieben werden. Wir werden zunehmend auf dem Land eine Versorgung haben, die als kritisch zu bewerten ist, die nicht dem deutschen Standard entspricht."
Auch hier will die Regierung per Gesetz gegensteuern. Die palliativmedizinische Versorgung wird künftig eine Regelleistung der Krankenkassen sein. Das heißt: Schwerstkranke haben einen Anspruch auf Sterbebegleitung, egal wo sie wohnen. Das weiß auch Gernot Kiefer vom Spitzenverband der Krankenkassen GKV:
"Ich stimme zu, dass wir noch Defizite in ländlichen Regionen haben, das ist – glaube ich – unbestritten, und es ist die Aufgabe, in den nächsten Jahren diese Defizite durch entsprechende Teams gerade in ländlichen Regionen zu beseitigen."
Kiefer meint spezielle ambulante Teams, in denen Palliativmediziner mit Pflegefachkräften, Physiotherapeuten und Seelsorgern zusammen arbeiten. Sie begleiten Schwerstkranke zuhause, zunehmend aber auch in Krankenhäusern und Pflegeheimen – und sollen helfen, die gröbsten Defizite in den ländlichen Regionen zu beheben.
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