Hilfen für Afrika beim G20-Gipfel

"Ernsthafte Armutsbekämpfung setzt nicht auf Großinvestitionen"

Ein Flüchtlingslager in Libyen
Ein Flüchtlingslager in Libyen - Archivbild © picture alliance / dpa / Simon Kremer
Bernd Bornhorst im Gespräch mit Oliver Thoma · 08.07.2017
Welchen Nutzen haben Privatinvestitionen für afrikanische Länder? Bernd Bornhorst, Experte für Entwicklungspolitik, kritisiert entsprechende Initiativen der G20-Staaten. Es sei nicht bewiesen, dass Privatinvestitionen die Armut in Afrika wirksam bekämpften.
Wirtschaftliche Hilfen für Afrika sind ein wichtiges Thema auf dem G20-Gipfel in Hamburg. Die Gipfelorganisatoren betonen, dass sie künftig auf Partnerschaften setzen und die afrikanischen Länder dabei miteinbinden wollen.
Sind diese Pläne als Fortschritt in der Afrika-Politik der Industriestaaten zu bewerten? Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO), sieht das Konzept mit großer Skepsis. Aus der Sicht der Entwicklungszusammenarbeit und der Armutsbekämpfung heraus müsse man die Diskussion eigentlich wieder "vom Kopf auf die Füße stellen", fordert er im Deutschlandfunk Kultur:
"Also wenn wir jetzt anfangen und nur noch auf Privatinvestitionen setzen, dann ist das ja ein alter, nie bewiesener Glaube daran, dass diese Privatinvestitionen irgendwie Armutsbekämpfung vorantreiben würden."

Negative Folgeerscheinungen von Großinvestitionen

Bornhorst verwies auf Zahlen der Organisation "African Economy Outlook". Danach hätten im Jahr 2016 getätigte Privatinvestitionen von 55 Milliarden Dollar nur zu rund 100.000 bis 120.000 Arbeitsplätzen in Afrika geführt. "Das ist natürlich gar nichts", sagt Bornhorst. Der größte Teil der Jobs in Afrika befinde sich im informellen Sektor, betont er:
"Wenn man Armutsbekämpfung ernst nehmen müsste, dann würde man nicht auf Großinvestitionen setzen, die ja oft auch noch sehr negative Folgeerscheinungen haben. Sondern dann müsste man halt ins mühevolle Klein-Klein und versuchen, an diese Menschen zu kommen."

"Man sucht auch Renditemöglichkeiten für Kapital"

Aus Sicht seiner Organisation seien die Initiativen der G20-Länder vor allem von der Sorge angetrieben, dass noch mehr Flüchtlinge zu uns kämen, kritisiert Bornhorst:
"Und die Frage ist: Sobald die nicht mehr da sind, hat man Afrika vergessen. Und zum Zweiten geht es darum, Renditemöglichkeiten für Kapital zu suchen, was im Moment ja nicht so interessante Möglichkeiten sonst in der Welt findet."
VENRO ist der Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen in Deutschland. Er wurde im Jahr 1995 gegründet, mittlerweile gehören ihm rund 120 Organisationen an. Wichtiges Ziel ist nach eigenen Angaben die "gerechte Gestaltung der Globalisierung" und die "Überwindung der weltweiten Armut".
(ue)
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