Hidden Jazz Quartett: "Raw and Cooked"

Tanzbarer Sound einer All-Star-Jazzband

Ein Saxofon
Das Hidden Jazz Quartett hat auf "Raw and Cooked" durchweg einen fein groovend gespielten und warm analogen Sound, findet unser Kritiker. © picture alliance / dpa / Foto: Stephanie Lecocq
Von Olaf Maikopf · 08.02.2016
Das "Hidden Jazz Quartett” aus Hannover hat es mit seinem tanzbaren Sound in kürzester Zeit geschafft, sich auch international zu positionieren. Kein Wunder, denn auf dem Debütalbum "Raw and Cooked" sind richtig charismatische Gäste zu finden.
Schon ewig angekündigt, ist "Raw And Cooked", das Debüt des Hidden Jazz Quartett, nun ganz plötzlich doch da. Und was die vier routinierten Jazzmusiker, in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Christian Decker - der war einst Bassist der aufgelösten Rockband "Fury In The Slaughterhouse" - bereits auf drei zuvor veröffentlichten Maxis mit einer gefühlvollen wie auch partytauglichen Synthese aus dem Soul Jazz der Sechziger und zeitgenössischen Strömungen andeuteten, bestätigen die talentierten Musiker nun mit diesem vom ersten Moment an wie geölt rollenden Album. Wie es überhaupt dazu kam, erinnert sich der Kopf des Hidden Jazz Quartett Ralf Zitzmann, ansonsten Chef von Agogo Records und Clubbetreiber in Hannover:
"Das war wirklich der Gedanke, warum gibt es von diesen Musikern aus Hannover eigentlich kein gemeinsames Projekt. Die waren da, man musste nur noch das Projekt finden."
Diese Jungs, wie Ralf Zitzmann die aus Hannover stammenden Mitglieder seines Hidden Jazz Quartett nennt, können als All-Star-Truppe bezeichnet werden, findet man sie doch auf unterschiedlichsten Produktionen von Randy Crawford bis Unheilig. Und im Jazzfach waren Saxofonist Stephan Abel und Keyboarder Lutz Krajenski lange Zeit mit der Roger Cicero Bigband unterwegs.
Die Aufnahmen zu "Raw and Cooked" dauerten zwei Jahre
Allerdings leben die Mitglieder des Hidden Jazz Quartett mittlerweile nicht mehr nur in Hannover, sondern auch in Berlin und auf dem Land und haben viel zu tun als Live- und Studiomusiker. Darum dauerte es auch längere Zeit, bis "Raw And Cooked" realisiert werden konnte.
"Wir haben das Studio öfter gemietet, natürlich war das nicht so leicht den Termin zu finden, wo alle konnten. Wo immer sie gerade unterwegs waren, sind sie nach Hannover gekommen zum Aufnahmetermin. Die Aufnahmen haben ungefähr zwei Jahre gebraucht."
Wenn dann noch bekannte Gastsänger wie hier gerade Omar oder Bajka und Poetry-Gigant Anthony Joseph ihre unvergleichlichen Stimmen einbringen, funktioniert dieser Jazz "Made in Germany" auch international.
"Es lag nahe, dass ich sie kontaktiere, weil ich sie persönlich kenne. Omar habe ich das Instrumental geschickt für "High Heels", der war hin und weg und hat das dann auch für sein eigenes Album von uns lizensiert. Anthony Joseph hat "Kimberley Hotel", das Instrumental bekommen und hat innerhalb von einem Tag den Text geschrieben und in London eingesungen und Bajka hat das in Berlin eingesungen."
Hidden Jazz Quartett braucht Geduld für Vinyl-Produktion
Obwohl das Hidden Jazz Quartett ja zuerst so etwas wie eine von Ralf Zitzmann erdachte Kopfgeburt war, stellte sich schnell heraus, dass die Chemie unter den vier Musikern stimmte, sie ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten und in der Folge ihren ganz eigenen Weg einschlugen:
"Ich hab das initiiert. Was dann daraus geworden ist, dass entwickelte sich über die Musiker, über das Zusammenspiel. Im Grunde haben wir jeden mal machen lassen und uns das dann angehört. Dann sind aus Sessions die Songs gewachsen. Es gibt einen Song, Wälzer, der aus einem Sample von Caetano Veloso die Ursprungsidee hat, plus einem Basslauf aus einem Jazzstück. Dann hat die Band zu dem Sample gespielt, den wir dann wieder rausgenommen haben. Die Hauptarbeit für Christian und mich war in der Postproduktion. Da haben wir Sachen zusammengeschnitten, umstrukturiert."
Wie alle Veröffentlichungen von Agogo Records erscheint auch "Raw And Cooked" nicht nur auf CD und als Download, sondern auch im Vinyl-Format. Allerdings bekommen da kleine Label wie Agogo immer häufiger Probleme, in den wenigen Presswerken zeitnah ihre Platten herstellen zu lassen:
"Wir haben immer Vinyl gemacht. Wer jetzt Vinyl macht, sind die Großen und die machen natürlich große Auflagen und re-releasen dann Pink Floyd auf Vinyl. Die blockieren alle Presswerke. Es ist grausam. Im Moment müssen wir vier Monate Vorlauf haben. Bei 'ner Nachpressung ist es nicht ganz so lang, weil alles schon vorliegt, ungefähr zwei Monate."
Doch diese Wartezeit hat sich gelohnt. Denn das vom Hidden Jazz Quartett durchweg fein groovend gespielte und mit einem warm analogen Sound versehene Album "Raw And Cooked", mit seinen von Jazz, R&B, Soul, Funk und Dance inspirierten zwölf Stücken, hat weniger mit Old School zu tun, sondern ist die geglückte Verbindung aus Tradition und Gegenwart.
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