"Henry 4"

03.03.2010
Ließ uns Sönke Wortmann im vergangenen Jahr bei seiner Romanverfilmung "Die Päpstin" schon schmerzlich den besonderen Blick auf ein Stück gut verkaufte Literatur vermissen, gelingt es Jo Baier, diese Enttäuschung noch zu steigern. Aus den zwei biografischen Romanen über Henri Quatre von Heinrich Mann hat er ein sogenanntes "Biopic" erstellt, das alle Vorurteile gegenüber diesem in die Mode gekommenen Genre bestätigt.
Erzählt wird das Leben des Hugenotten Henry, König von Navarra, der vom Feldherrn einer gegen die Unterdrückung aufbegehrenden Minderheit zum König aller Franzosen wurde und zwar durch Schlachten, höfische Intrigen und Frauen. Was bei Mann ein sowohl historisch als auch von der Persönlichkeit der handelnden Personen sehr komplexes Thema war, ist in der Verfilmung bewusst auf problemlose Konsumierbarkeit angelegt und deshalb bis zur Banalität und Lächerlichkeit verflacht. Bezeichnenderweise will der Titel wirklich so, wie er geschrieben ist, also "Henri (deutsch nicht französisch!) vier" ausgesprochen werden.

Dass selbst eine 20 Millionen Euro teure deutsche Produktion nicht mit Opulenz in Massenszenen, schon gar nicht in so dramatischen wie der Bartholomäusnacht glänzen kann, würde man dem Film nachsehen, der es leider mit protzigen Schlachtszenen trotzdem versucht.

Unverzeihlich aber sind die banalen, hölzernen Dialoge und die Simplifizierung in der Charaktergestaltung und in den doch historisch nun wirklich interessanten Beziehungen. Offensichtlich gedachte die Regie, mit den prominenten Darstellern zu wuchern. So wird der zurückhaltend sympathisch spielende Franzose Julien Boisselier in der Hauptrolle zunehmend mit völlig entfesselten Gegenspielern wie Ullrich Noethen als Karl IX. und Devid Striesow als D'Anjou konfrontiert, die ihn passageweise völlig an den Rand drängen. Hannelore Hoger als Katharina De Medici und Armelle Deutsch als Margot wirken wie Zitate aus historischen Romanschnulzen.

Dass Filmkomponist Hans Zimmer dieser uninspirierten Arbeit keine originellen Glanzpunkte abgewinnen konnte, sondern den gewohnt wuchtigen Soundtrack ablieferte, scheint da nur logisch.

BRD 2010. Regie: Jo Baier. Darsteller: Julien Boisselier, Ulrich Noethen, Devid Striesow, Joachim Król, Armelle Deutsch, Chloe Stefani, Hannelore Hoger, Gabriela Maria Schmeide, Karl Marcovics, André M. Hennicke, Andreas Schmidt, Sandra Hüller, Wotan Wilke Möhring. 154 Minuten, ab 12 Jahren

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