Heidelberger Stückemarkt

Unbekanntes Theaterterrain Korea

Die Yohangza Theatre Company aus Seoul zu Gast in Heidelberg beim Heidelberger Stückemarkt im April 2018.
Knallig und bunt: Die Yohangza Theatre Company aus Seoul zu Gast in Heidelberg beim "Stückemarkt" © Yohangza Theatre Company Seoul
Susanne Burkhardt im Gespräch mit Eckart Roelcke · 29.04.2018
Beim Heidelberger Stückemarkt konnten die Zuschauer erleben, wie koreanische Regisseure westliche Theaterklassiker wie Millers "Tod eines Handlungsreisenden" interpretieren. Die Inszenierungen waren oft laut und schrill – und hatten viele popkulturelle Bezüge.
Südkorea ist für die meisten europäischen Theaterbesucher "Terra incognita". Erst seit etwa hundert Jahren existiert dort ein textbasiertes Theater. Umso gespannter waren die Besucher des diesjährigen Heidelberger Stückemarktes auf das Gastland, das mit mehreren Inszenierungen vertreten war: unter anderem mit "Tod eines Handlungsreisenden" und "Romeo und Julia".

Willy Loman auf dem Laufband

Speziell die Inszenierung des Arthur Miller-Stückes sei "sehr laut, sehr schrill und körperlich sehr eindringlich" gewesen, findet Kulturredakteurin Susanne Burkhardt – mit popkulturellen Anklängen und aberwitzigen Kostümen. So laufe Willy Loman während des Stückes auf einem Laufband. Die anderen Protagonisten zögen – wie Stationen aus seiner Vergangenheit – an ihm vorbei.
Südkorea ist durch die jüngsten politischen Ereignisse noch stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Die Lesungen und Gastspiele boten somit exklusive Einblicke in die hierzulande weitgehend unbekannte Theaterszene und vermittelten einen Eindruck der sozialen und politischen Verhältnisse in Südkorea wie auch der Themen, mit denen die Künstler sich dort befassen: von dem enormen Leistungsdruck in einer turbokapitalistischen Gesellschaft bis hin zu Gender-Fragen. In "Romeo und Julia", beispielsweise, werden beide Hauptrollen von Frauen gespielt.
Die Autorin Ulrike Syha gewann 2018 mit ihrem Stück "Drift" den AutorenPreis des Heidelberger Stückemarktes.
Die Autorin Ulrike Syha gewann 2018 mit ihrem Stück "Drift" den AutorenPreis des Heidelberger Stückemarktes.© Christian Kleiner
Zum Abschluss des 35. "Heidelberger Stückemarkts" wurde Ulrike Syha für ihr Stück "Drift" mit dem AutorenPreis ausgezeichnet, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Das Stück, das das Leben in der Provinz thematisiert, erinnerte die Jury mit seinem Humor an den Schweizer Theatermann und "Langsamkeitskünstler" Christoph Marthaler.
Die koreanische Autorin Yeon-ok Koh erhielt für "Das Gespür einer Ehefrau" (Übersetzung aus dem Koreanischen von Jan Creutzenberg) den Internationalen AutorenPreis. Der zum siebten Mal vergebene JugendStückePreis ging an Sergej Gößners "Mongos".
Vorschau auf das kommende Jahr: Das Leitungsteam des Heidelberger Stückemarkts hat die Türkei nach 2011 zum zweiten Mal als Gastland eingeladen. Es will einen Blick darauf werfen, wie sich türkisches Theater und die Arbeitsbedingungen der Künstler unter Staatschef Recep Tayyip Erdoğan verändert haben.
(mkn)
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