Hasskommentare in sozialen Medien

Koalition will Facebook notfalls bestrafen

Eine Computertaste mit der Aufschrift "hass" und dem Schatten eines Paragraphen-Zeichens darüber
Rechtliche Maßnahmen gegen Facebook? Das hält etwa Kommunikationsforscher Frank Roselieb vom Institut für Krisenforschung für den falschen Weg. © imago / Christian Ohde
Von Christiane Habermalz · 14.01.2017
Unternehmen wie Facebook und Twitter durch Strafzahlungen zwingen, Hass und Hetze schnell zu löschen: Laut Unionsfraktionschef Volker Kauder plant die Regierung dafür eine 24-Stunden-Frist. Aus der Wissenschaft kommen allerdings Zweifel an dieser Vorgehensweise.
Die Regierungskoalition will im Kampf gegen Hasskommentare und die Verbreitung von Falschmeldungen den Druck auf soziale Medien wie Facebook und Twitter weiter erhöhen. In der "Rheinischen Post" kündigte Unionsfraktionschef Volker Kauder an, künftig würden Strafzahlungen fällig werden, sollten die Internet-Unternehmen nicht sicherstellen, dass Beschwerden über gepostete Inhalte innerhalb von 24 Stunden bearbeitet würden. Darauf habe sich die Union mit Bundesjustizminister Heiko Maas, SPD geeinigt. "Das Bußgeld muss wirken und im Zweifel auch weh tun", sagte Kauder der Zeitung. Maas hatte im Herbst vergangenen Jahres den Internet-Unternehmen eine Frist bis März 2017 gesetzt, um das Problem selbst in den Griff zu bekommen. Damals hatte er angekündigt:
"Wir wollen, dass Hasskriminalität aus dem Netz verschwindet, und zwar innerhalb von 24 Stunden; und dazu müssen die Unternehmen noch deutlich mehr Anstrengungen unternehmen, als das bisher der Fall ist. Wenn es die Unternehmen im Rahmen von Selbstverpflichtungen selber hinbekommen, wäre mir das sehr viel lieber, aber ich würde auch rechtliche Möglichkeiten nicht ausschließen wollen."
Diese rechtlichen Schritte sollen jetzt geprüft werden – weil die Unternehmen laut Maas bislang zu wenig und zu halbherzig gelöscht hätten. In den kommenden Wochen werde durch externe Prüfer die gegenwärtige Löschpraxis von Facebook überprüft, kündigte Maas an.

Facebook und Twitter mit Post und Telekom vergleichbar?

Auch die Grünen fordern in einem gestern veröffentlichten Positionspapier gegen Falschmeldungen, Hasskommentare und Social Bots, Unternehmen wie Facebook stärker in die Pflicht zu nehmen. Bestehende Gesetze müssten konsequenter angewandt werden, fordert die Partei. "Es ist nicht akzeptabel, dass gegen diejenigen, die Hass und Hetze verbreiten, nur im absoluten Ausnahmefall ermittelt wird", heißt es in dem Papier.
Rechtliche Maßnahmen gegen Facebook hält der Kommunikationsforscher Frank Roselieb vom Institut für Krisenforschung dagegen für den falschen Weg.
"Facebook und Twitter sind im Prinzip Telekommunikationsunternehmen. Dann müssten Sie die Post dafür bestrafen, dass sie beispielsweise Erpresserbriefe verschickt, die Telekom dafür bestrafen, dass sie entsprechende Enkeltrick-Anrufer nicht unterbricht. Und von der Seite ist die Gefahr durch Fake-News relativ gering, weil Sie eben die Ursachen kriegen müssten, das heißt die ganz konkreten Anrufer erreichen müssten, und das wird sehr schwer sein."
Amnesty International hatte vor kurzem eine konsequente Strafverfolgung von Menschen gefordert, die Gewaltaufrufe und Verleumdungen ins Netz stellten. Dies sei ein Thema für Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung; freiwillige Ankündigungen von Facebook und Twitter reichten nicht mehr aus.
Unterdessen warnte Bundestagspräsident Norbert Lammert vor Manipulationsversuchen im anstehenden Bundestagswahlkampf. Niemand dürfe sich der Illusion hingeben, in Deutschland würde so etwas aus purem Anstand unterbleiben, so der CDU-Politiker. Anhänger und Kandidaten aller Parteien müssten es als "Mindestanstandsgebot" im Wahlkampf begreifen, auf die Verbreitung von Falschmeldungen zu verzichten. In der Zeitung "Die Welt" forderte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, SPD, die sozialen Netzwerke müssten Falschmeldungen als solche kenntlich machen.
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