"Häfft"-Erfinder Stefan Klingberg

Ein Hausaufgabenheft gegen Langeweile

"Häfft"-Erfinder Stefan Klingberg
"Häfft"-Erfinder Stefan Klingberg © Tina Hüttl
Von Tina Hüttl · 06.09.2016
Mit bunten Comics, Spickhilfen und witzigen Sprüchen - dass Hausaufgabenhefte nicht funktional, langweilig und hässlich sein müssen, stellt Stefan Klingberg mit seinem "Häfft" unter Beweis. Vor 25 Jahren erfunden ist es mittlerweile das meistverkaufte Hausaufgabenheft in Deutschland.
Pakete mit dem eigenen VW-Bus ausfahren war einmal. Stefan Klingberg lächelt, mit Grübchen und blondem Kurzhaarschnitt könnte der Immer-Turnschuh-, Immer-T-Shirtträger auch noch als Abiturient durchgehen. Klingberg ist inzwischen über 40, Verlagsgründer, Geschäftsführer und Miterfinder des "Häfft", des meistverkauften Hausaufgabenhefts in Deutschland.
Ein Stapel von 20 bunt bedruckten Häfften ist im Karton verschwunden, fertig für eine Verlosungsaktion. Die Hausaufgabenhefte sind heißbegehrt. Schüler lieben sie nicht nur, weil man darin die Matheaufgaben für den nächsten Tag notieren kann, sondern vor allem weil man sich mit dem Häfft bei Langweilerunterricht wunderbar ablenken kann:
"Eine der lustigsten Geschichten im Häfft sind natürlich die Spieleseiten: Käsekästchen, Sudoko, Stadt-Land-Fluss, Schiffeversenken."
Klingberg blättert darin - freut sich.
"Was heißt Ärger, es gibt natürlich Schulen, wo keine Häffte erlaubt sind, und natürlich stören sich Lehrer an der Schreibweise - aber am Ende muss man sagen: Wir sind niemand, der sagt, arbeite nicht ordentlich mit. Sondern wir sagen, schreib dir deine Hausaufgaben auf, damit du zu Hause noch weißt, was du am dringendsten machen muss. Und die Schüler heutzutage sind ja auch sehr vernünftig."

Von der Schülerzeitung zum Verlag

So vernünftig waren er und sein bester Kumpel zu Schulzeiten längst nicht, auch nicht notengeil, wie Schüler es heute seien, sagt Klingberg. Er und Andy Reiter, der zweite Häfft-Gründer, kennen sich seit der Grundschule in München und hatten als Gymnasiasten alles mögliche im Kopf: Fußball, Schafkopfen, Programmieren und Schülerzeitung machen. Auf einer Redaktionssitzung kam ihnen die Idee, ein Hausaufgabenheft zu entwerfen, das einmal nicht nur funktional, langweilig und hässlich ist.
"Uns ging es eigentlich vor allem darum, einen persönlichen Touch für unsere Schule zu entwickeln. Bei uns war auf dem Cover der ersten Ausgabe unser Bio- und Chemielehrer, der da so Feuerzangenbowle-mäßig mit versenktem Haupthaar dastand nach einem missglückten Experiment."
Anfangs drucken sie 400 Stück. Der damals 14-jährige Andy Reiter programmierte an seinem Commodore 128 noch jede Linie einzeln. Die Wochentage haben kein Datum, Termine und Infos kommen noch nicht vor, dafür gibt es aber eine Verweis- und sogar eine Rendeszvous-Liste.
"Es gibt immer noch eine: Wer mit Wem Liste – also sozusagen: wer hat was mit wem?"
Klingberg setzt sich. Es ist der erste Tag nach seinem Urlaub im Berliner Büro des Verlags. Unruhig ruckelt er mit dem Drehstuhl hin und her. Stillstand ist nichts für ihn, er redet viel, hat immer eine Idee. Das macht ihn als Unternehmer aus. Dass aus dem Hausaufgabenheft einmal sein Beruf wird, war nicht geplant.
"Wir waren ja Schüler. Wir waren halt froh, dass unsere Mitschüler es toll fanden, aber es war uns nicht klar, dass das 'die Idee' wird. Wir haben einfach immer weiter gemacht, geguckt wie weit wir kommen."

Deutschlandweites Vertriebsnetz, ein Dutzend Angestellte

Der Führerschein ermöglicht ihnen den Quantensprung: Im dritten Jahr beliefern die Jungs nicht nur Schulen in ganz München, sondern auch Bayern - mit Klingbergs klapprigen VW Bus. Heute - 25 Jahre später - gibt es ein deutschlandweites Vertriebsnetz, ein gutes Dutzend Angestellte und rund 60 verschiedene Artikel, die sie entworfen haben: Kalender, Familienplaner, Vokabelhefte - alles, womit sich das Leben von Schülern und auch Eltern besser organisieren lässt. - Die beiden Freunde arbeiten immer noch zusammen.
"Also ich bin der Außenminister, Andy der Innenminister. Ich duze alle Mitarbeiter, Andy siezt alle Mitarbeiter. Andy ist sehr perfektionistisch: EDV, Programmierung, Finanzen – das hat er alles im Griff. Und ich bin derjenige, der keine Hemmungen hat, Leute anzutexten und mir auch zig Absagen zu holen, aber dann am Ende doch bei großen Kunden wie Karstadt oder Kaufhof gelistet zu werden."
Aus den Plänen zu studieren, wurde bei beiden nichts. Dafür waren sie zu beschäftigt, erzählt Klingberg, während er den letzten Karton für die Verlosungsaktion packt. Das Häfft fürs neue Schuljahr liegt längst im Handel. Im Gegensatz zu Weihnachten, wo Monate vorher schon Kerzen, Christbaumkugeln und Geschenke gekauft werden, läuft das mit den Schulsachen anders.
"Bei Schulanfang ist der Peak die drei Tage rund um den Schulanfang und da passiert dann 80 Prozent des Geschäfts. Schüler interessieren sich in den Sommerferien in der Regel gar nicht für Hausaufgabehefte oder Schulprodukte - das ist in den Ferien einfach sehr weit weg."
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