Gute Bücher, schlechte Bücher

15.03.2008
Eine Stadt im Lesefieber: Die Leipziger Buchmesse (13. bis 16.März) lädt auch in diesem Jahr wieder zum größten Literaturfest Europas - 1500 Autoren lesen überall in der Stadt. 2300 Aussteller aus 36 Ländern stellen in den Hallen ihre Neuerscheinungen vor, auch Deutschlandradio Kultur sendet täglich von der Messe.
Mit von der Partie: Der Literaturkritiker Denis Scheck, bekannt aus der ARD-Büchersendung "druckfrisch", in der er forsch-frech und lustvoll Bücher lobt, sie aber auch genauso meinungsfreudig in die Mülltonne tritt. Der 43-Jährige ist aber zuallererst Literaturredakteur beim Deutschlandfunk und stellt auch regelmäßig Bücher im "Radiofeuilleton" von Deutschlandradio Kultur vor.

"Für mich ist eine Buchmesse wie Weihnachten für Familienmenschen. Ich sehe 400, 500 Leute, mit denen ich befreundet bin. Der Literaturbetrieb ist so etwas wie ein wandernder Reichstag und wir machen zweimal Station, einmal in Frankfurt, einmal in Leipzig. Dann sehen wir uns und freuen uns, dass wir noch am Leben sind und erzählen uns von unserem Herzeleid."

Der "Literaturkritiker aus Leidenschaft" liest im Schnitt 200 Bücher pro Jahr. "Prinzipiell lese ich jeden Tag, bevor ich einschlafe, und morgens in der Badewanne auch immer fünf bis zehn Minuten. Abgesehen von einem Vollkoma gibt es keinen Tag, an dem ich nicht lese." Oder, wie er frei nach Arno Schmidt sagt: "Ich kann mir ohne Bücher kein irdisches Glück vorstellen."

So hält er es schon seit seiner frühen Kindheit: Mit sechs Jahren konnte er bereits lesen und schreiben, mit 13 Jahren gründete der begeisterte Comic- und Fantasy-Fan eine eigene Literaturagentur und vermittelte US-amerikanische Autoren auf den deutschen Markt. Als die heimische Telefonrechnung regelmäßig über die 1500-DM-Marke kletterte, ließen ihn seine Eltern vorzeitig für geschäftsfähig erklären.

Er hat sie nicht enttäuscht: Denis Scheck gehört heute zu den bekanntesten und wagemutigsten Literaturkritikern, er ist zudem Herausgeber und Übersetzer. Sein letztes Werk: Der Comic "Fun Home" von Alison Bechdel, den er gemeinsam mit Sabine Küchler übersetzt hat - mit großem Vergnügen: "Eine Mischung aus ´Six Feet Under` und Streifzug durch die Weltliteratur."

Denis Scheck will als Kritiker nicht missionieren, höchstens anstecken: "Ich bin kein Erziehungsdiktator. Ich möchte die Leute darauf aufmerksam machen, dass Lesen ihnen eine Flucht aus ihrem Leben ermöglichen kann. Das ist ein Angebot, das sie annehmen können oder eben nicht." Laut der Werbung für "druckfrisch" sieht er sich als "Streiter für das Schöne, Wahre, Gute". Ein hoher Anspruch – angesichts von allein in Deutschland jährlich 90.000 Neuerscheinungen.

Seine Überzeugung: "Jemand, der nicht liest, ist ein furchtbar fader Mensch. Ich sage immer: Wenn Sie feststellen, dass Ihr Lebenspartner nicht liest, schießen Sie ihn in den Wind!"

"Gute Bücher, schlechte Bücher" – darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit dem Literaturkritiker Denis Scheck. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800-22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen über Denis Scheck im Internet:
Informationen über die Literatur im Deutschlandradio Kultur und im Deutschlandfunk:
www.dradio.de
www.daserste.de/druckfrisch

Literaturtipp:
Alison Bechdel: "Fun Home. Eine Familie von Gezeichneten" / Deutsch von Sabine Küchler und Denis Scheck, Kiepenheuer & Witsch 2008