Große Defizite bei der Effizienz

Von Christel Blanke, Hauptstadtstudio · 19.12.2012
Es läuft doch alles ganz prima. Wer hätte je gedacht, dass in diesem Jahr schon fast ein Viertel des gesamten Verbrauchs mit Ökostrom gedeckt werden kann. Das Ziel 35 Prozent bis 2020 scheint da eine leichte Übung. Und das mit dem Netzausbau wird künftig auch schneller gehen. An der einen oder anderen Ecke klemmt es noch ein bisschen, das räumen die zuständigen Minister ein, aber insgesamt sind sie doch zufrieden mit sich.
Wären da nicht die Mäkeleien der Opposition, der Umweltverbände und nun auch der vier Wissenschaftler, die die Bundesregierung selbst um Kritik gebeten hat. Die warnen davor, die Energiewende als Selbstläufer zu betrachten. Zu oft setzt die Bundesregierung auf Information und Beratung, zu wenig auf konkrete Vorgaben. Besonders Wirtschaftsminister Rösler und Verkehrs- und Bauminister Ramsauer stehen in der Kritik. Denn die größten Defizite machen die Wissenschaftler bei der Energieeffizienz aus.

Egal ob in Gebäuden, privaten Haushalten, im Verkehr oder in Unternehmen: Es wird zu wenig Energie gespart. Und die Bundesregierung tut zu wenig, um das zu ändern. Ramsauer ist zuständig für Gebäude und Verkehr - das macht zusammen zwei Drittel des gesamten Energieverbrauchs aus. Doch Energieeffizienz ist nicht gerade sein Lieblingsthema. Vor allem nicht, wenn es um Altbauten geht. Doch zumindest die SPD muss sich bei ihrer Kritik auch an die eigene Nase fassen. Denn dass Investitionen in energetische Gebäudesanierungen stärker als bisher von der Steuer abgesetzt werden können, haben die SPD-Länder im Vermittlungsausschuss verhindert.

Wirtschaftsminister Rösler muss die Industrie zum Sparen bringen, setzt aber vor allem auf den guten Willen der Unternehmen. Und versucht alles, sie vor zusätzlichen Kosten zu bewahren. Vorgaben, die tatsächlich zu mehr Investitionen in Energieeffizienz führen würden, gibt es kaum. Stattdessen die Befreiung von Netzentgelten und der EEG-Umlage mit der Folge, dass manch findiger Betriebsleiter alles daransetzt, mehr zu verbrauchen, um auch in diesen Genuss zu kommen. Zusätzliche Anreize sind nötig, schreiben die Experten. Der Markt, auf den Rösler so gern setzt, wird es nicht richten. Das hat die Bundesregierung nun schwarz auf weiß.

Einiges auszusetzen haben die Sachverständigen auch an der Debatte um den Strompreis. Der ist nämlich bei Weitem nicht so stark gestiegen, wie Energiewendegegner in Politik und Wirtschaft glauben machen wollen. Kein Vergleich zu den stark gestiegenen Kosten für Benzin und Heizöl, worüber kaum ein Wort verloren wird. Stattdessen wird mit dem Strompreis Politik gemacht, um den Ausbau erneuerbarer Energien schlecht zu reden. Niemand spricht darüber, wie viel die Subventionen für die Kohleförderung gekostet haben. Oder das Drama in der Asse und die Endlagersuche noch kosten werden. Was fehlt ist Ehrlichkeit in dieser Diskussion. Und da ist nicht nur die Bundesregierung gefragt.

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