Groove City Braunschweig

Worthy/Zeplin auf den Spuren von Jazzkantine & Co.

Verschiedene Bassgitarren stehen in Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen) nebeneinander in der Edelmanufaktur von Gerald Marleaux.
Der Bassist, Gitarrist und Produzent Reggie Worthy kam aus North Carolina nach Braunschweig. © picture alliance / dpa / Swen Pförtner
Von Martin Risel · 24.03.2015
Berlin, Hamburg und Köln sind Zentren der Popmusik. Daneben gibt es aber noch die Soul-Stadt Mannheim und - Jazzkantine & Co. lassen grüßen - die Groove City Braunschweig. Dort hat gerade das Duo Worthy/Zeplin ein neues Album veröffentlicht.
Im Song "Day Without A Night", da verschmelzen diese beiden Musiker aus Braunschweig ihre musikalischen Wurzeln: Reggie Worthy, der Bassist, Gitarrist und Produzent aus North Carolina kam vor über 30 Jahren nach Deutschland, hat dann mit Udo Lindenberg, Stoppok und vielen anderen gespielt.
Vor allem zuvor mit Ike und Tina Turner, das hört man diesem Titel an. Und auch die Rock-Vergangenheit von Sängerin und Gitarristin Ina Zeplin. Die entstammt einer musikalischen Familie aus dem Dorf Klötze bei Magdeburg. Und kam ins nahe Braunschweig:
"Durch die Liebe, die hat mich dahin verschlagen – nicht wegen mir, neenee (Lachen). Well, Musik ist auch eine Form von Liebe."
Brummelnder Bär am Bass
Brummelt der rundliche Braunschweiger Bär am Bass. Und wo und wie ist er nun auf die zierliche blonde Musikerin mit der Rockröhre getroffen?
"Wir haben uns bei einem Konzert in der Braunschweig-Stadthalle kennengelernt. Sie hat gesungen, ich habe Bass gespielt für einen Keyboard-Spieler aus Braunschweig. Dann haben wir nach dem Konzert: Ey, das war cool- und sie sagte: Jaaa. So ist das angefangen."
Nun ist Reggie Worthy schon ein paar Jahre länger in der mittelgroßen Metropole in Niedersachsens Südosten. Und hat dort schon einige Musikprojekte kennengelernt. Auffallend viele Groove-lastige zwischen Soul, Jazz und Funk und:
"Groove City, jaja, ist auch viel Hip-Hop da. Die Jungs wissen hier, wie es läuft mit dem Groove. Kleiner Ort, aber ne schöne Musikszene, yeah Braunschweig, definetely."
Die Jazzkantine ist sicher die bundesweit bekannteste Band aus Braunschweig. Ein Nebenprojekt, bei dem der schwarze Bassist auch als Sänger dabei war, das heißt D-Phunk:
"Ich liebe D-Phunk, mit den ganzen Bläsern und den Leuten, das war funky, die Jungs sind sehr talented."
Das D-Phunk-Projekt der Jazzkantine-Gründer, den Brüdern Dirk und Jan-Heie Erchinger, das liegt gerade auf Eis. Sowas kann schnell tauen – in einer Stadt mit der Größe Braunschweigs läuft man sich schnell mal über den Weg:
"Ich habe mit Jan-Heie Erchinger, dem Keyboarder da, letzte Woche erst gesprochen. Er hat ein Studio da außerhalb von Braunschweig."
Groovende Braunschweiger Infrastruktur
Und so ist in und um die Groove City eine musikalische Infrastruktur gewachsen, die für so einen Ort sicher überdurchschnittlich ist. Auch Reggie Worthy hat dazu beigetragen:
"Erst mal mein eigenes Plattenlabel Groovelot Records gegründet, meinen eigenen Verlag. – Ja, es geht weiter."
Den Grundstein gelegt für die Groove City Braunschweig hat vor gut 20 Jahren die Jazzkantine. Gegründet von Bassist und Bandleader Christian Eitner:
"Wenn ich jetzt so von meiner Generation spreche, dann erinnere ich mich, dass hier tatsächlich eine große Welle losging, die aus der Ecke Rap/Hip-Hop kam, wo auf einmal verschiedene Projekte gut funktioniert haben: Wir mit der Jazzkantine auf der einen Seite. Aber es gab auch so Projekte wie Such a Surge, Aleksey, Capuccino mit seinen Solo-Sachen. Was überdurchschnittlich viel war für so ne überschaubare Stadt mit 250.000 Einwohnern - und wo richtig so ne Szene entstanden ist. Und das ist dann eben mehr und mehr gewachsen."
Und natürlich betreibt man in so einer Stadt wie Braunschweig auch immer ein bisschen musikalische Inzucht. Jan-Heie Erchinger, der Ex-Keyboarder der Jazzkantine, ist auch beteiligt bei einem anderen Projekt, das ebenfalls ganz wunderbar groovende Musik macht:
Ein Produzent für viele Künstler
Der Bahama Soul Club rund um den Braunschweiger Schlagzeuger und Maler Oliver Belz. Der war als Produzent auch schon für viele andere Künstler aktiv. Darunter - wen wundert’s? - die Jazzkantine.
Belz sollte einst bei einer Uni-Prüfung seinem Musikprofessor den Begriff "Groove" definieren. Und antwortete nicht aus theoretischen Abhandlungen zum Thema, sondern aus der Praxis: Sein kubanischer Perkussionist nenne das einfach "das, was die Leute zum Tanzen bringt". - Belz hat eine Eins gekriegt:
"Niedersachsen und Braunschweig, das passt natürlich alles gar nicht zu dieser sonnigen Leichtigkeit. Niedersachsen hat ja immer noch so ein schönes Sprichwort nebenher: Ist sehr erdverwachsen und bodenständig, ne. Aber ich glaube, dass die Musik auch nicht so viel zu tun hat damit, wo sie entsteht, sondern, aus was sie entsteht. Und da kommt doch vieles sehr von innen heraus."
Kreatives Doppel mit Humor
Wie bei Oliver Belz vom Bahama Soul Club ist das auch beim Duo Worthy/Zeplin. Die Songs von ihrem neuen Album entstehen nicht bewusst aus den Eindrücken ihrer Umgebung, sondern eher aus ihrem inneren Schatz aus Kreativität und Erfahrung.
"Also, ich wohne jetzt nicht direkt in Braunschweig, ein bisschen außerhalb."
Denn da kann Ina Zeplin ihrem erlernten Beruf als Steinmetzin wenigstens noch als Hobby nachgehen. Im Duo mit dem gestandenen Musiker und Macher Reggie Worthy muss sie eher zusehen, dass ihre Einflüsse auch mal durchkommen.
"Also eigentlich ist alles ne Zusammenarbeit, man kann jetzt nicht sagen, dass direkt ein Song von mir ist. Ja, vielleicht so 30 Prozent oder so,von den Songs!"
14 zumeist eigene, zumeist ziemlich gelungene Songs finden sich auf dem neuen Album der beiden. Und dass dieses zweite - nach einem ersten Akustik-Werk - gleich "Best of…" heißt - vielleicht ist das ja auch eine Art trockener niedersächsischer Humor made in Braunschweig.
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