GroKo – ja oder nein?

Martin Schulz hat die SPD ins Abseits geführt

SPD-Bundesvorsitzender Martin Schulz
Der SPD-Bundesvorsitzende Martin Schulz am 18.01.2018 im Willy-Brandt-Haus in Berlin. © picture alliance/dpa/Foto: Michael Kappeler
Von Moritz Küpper · 20.01.2018
SPD-Chef Martin Schulz warnt die Genossen vor den Folgen eines Neins zur Großen Koalition. Doch der Riss innerhalb der SPD will nicht kleiner werden. Auch die Umfragewerte sinken. Alles keine guten Aussichten, meint Moritz Küpper.
Nun droht Martin Schulz der Absturz von der SPD-Spitze: Denn in Bonn könnten sich die strategischen Fehler des SPD-Chefs sowie das fehlende Gespür für die Stimmung in Teilen der Partei rächen. Schulz hat seine Partei in eine Sackgasse gesteuert – und sich selbst damit eine Falle gestellt. Das alles konnte aber nur passieren, weil er wohl nicht genug zugehört, beobachtet, aber mancherorts auch zu viel und zu schnell geredet hat.
"Sagen, was man tut, und tun, was man sagt." Diese Worte des langjährigen NRW-Ministerpräsidenten und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau gelten bei SPD-Funktionären (an Rhein und Ruhr) als eine Art Leitsatz. Die Taten der aktuellen SPD-Spitze stehen geradezu konträr zu dieser Rau’schen Formel.

Schulz hatte sich festgeleget

Im Wahlkampf hatte Schulz sich festgelegt, er gehe in kein Kabinett Merkel; am Wahlabend getönt, man gehe in keine Große Koalition – und dieses Versprechen nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen sogar erneuert. Nun aber soll, nach einer Woche Sondierung, all dies Makulatur sein – und die Basis bitte dem Ganzen seine Absolution erteilen. Das Wort dieses Mannes – vielleicht ist es nicht glaubwürdig.
Und vielleicht endet Schulz‘ turbulenter Flug nach steilem Aufstieg und unsanftem Zwischenstopp am Wahlabend deshalb nun in Bonn: Wie und vor allem warum lässt sich gut an, aus und in Nordrhein-Westfalen beobachten. Noch immer stellt NRW, einst von Herbert Wehner als "Herzkammer der Sozialdemokratie" ausgerufen, den größten SPD-Landesverband. 144 Delegierte kommen aus NRW, was einem Viertel des Parteitages entspricht. Doch gerade an Rhein und Ruhr ist die Skepsis gegenüber einer neuerlichen Großen Koalition enorm. Wie schon vor vier Jahren übrigens. Damals wurde die Basis gerade noch mitgenommen, durch den Mindestlohn besänftigt. Genau solche sozialdemokratischen Eckpfeiler fehlen nun aber im Angebot, das Schulz seinen Genossen macht. Aber wenn nicht alles täuscht, sind die 28-Seiten-Sondierungsergebnis, die Inhalte, bei der Entscheidung – ob es Koalitionsverhandlungen mit der Union geben soll. Für die, die jetzt auf der Palme sind, zweitrangig.

Es wird sich nicht gekümmert

Schon das Scheitern der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat gezeigt: Die Wahrnehmung vor Ort, an der Basis lautet: Es wird sich nicht gekümmert. Viele Menschen – gerade im Ruhrgebiet – haben daher ihr Kreuz bei der AfD gemacht und Kraft zu Fall gebracht.
Natürlich: Wegrennen oder Kopf in den Sand ist noch keine Strategie. Sozialdemokraten haben sich stets auch staatstragend gezeigt. Das Problem ist nur: Schulz hatte eine andere Parole ausgerufen. Jetzt muss er die Delegierten überzeugen, dass sich die SPD auch in einer Regierung mit der Union erneuern und die Politik sozialdemokratisch gestalten kann. Keine leichte Sache, denn ob er selbst daran glaubt, fragen nicht nur die Jungsozialisten. Sie stehen nach dem Zickzackkurs ihres Parteichefs auf dem Standpunkt: Selbstmord aus Angst vor dem Tod sei keine gute Strategie.

Angeschlagener Parteichef, unglückliche Basis

Dies ist auch der Grundtenor der lauten #NoGroko-Kampagne der Jusos, die spürbar an Dynamik gewinnt. Sie argumentieren dabei vor allem eben mit der zukünftigen Glaubwürdigkeit der Partei. Die SPD-Führung scheint dieser Dynamik hilflos gegenüber zu stehen. Sie schafft es bislang nicht, im Schwarze-Peter-Spiel der Union die entscheidende Karte zuzustecken. Denn wer sucht eigentlich einen Koalitionspartner? Ist es nicht das Team von Angela Merkel, das bereits an einer Sondierungsrunde gescheitert ist?
Wie immer das in Bonn ausgeht. Die SPD wird hart zu kauen haben. Ob mit oder ohne Starterlaubnis für Koalitionsverhandlungen: Der Parteichef ist angeschlagen, die Basis unglücklich. Ein Dilemma, wie es im Buche steht.
Und nur so viel ist sicher: Die Zukunft des Martin Schulz ist ungewiss.
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