Griechenland

Die historische Notwendigkeit des Euro

Wahrzeichen Griechenlands: Der Parthenon auf der Athener Akropolis.
Wahrzeichen Griechenlands: Der Parthenon auf der Athener Akropolis. © AFP PHOTO / ARIS MESSINIS
Von Konstantin Sakkas · 28.10.2014
Putins Expansionskurs, Erdogans reaktionäre Politik und der IS-Terror in Vorderasien zeigen: Ein europäisches Zusammenhalten ist wichtiger denn je. Dazu gehört als einstige Wiege Europas auch Griechenland, meint Konstantin Sakkas.
Griechenland war einst die Wiege Europas und das Land der Götter, heute gilt es als Land der Staatsverschuldung im Epizentrum der Finanzkrise. Insbesondere deutschen Konservativen und Neoliberalen sind die Beihilfen für Griechenland wie auch die übrigen südeuropäischen Staaten ein Dorn im Auge. Denn Deutschland war einst das Land einer absurden Staatsvergottung, heute beten die Deutschen das Wirtschaftliche an.
Zwar ist nicht davon auszugehen, dass politische Kräfte wie die AfD in absehbarer Zeit in Regierungsverantwortung gelangen werden. Doch die Ignoranz oder Unkenntnis der historischen und politischen Bedingungen, die die Währungsunion und die finanzielle Solidarität innerhalb Europas notwendig machen, greift um sich.
Immer wieder hört man, auch von gebildeten Leuten, sie wollten nicht mit "ihrem Geld" die Schulden anderer, insbesondere Griechenlands, bezahlen. Was für ein Märchen. Niemand wurde im reichsten Land Europas wegen der Eurokrise enteignet. Es wurden Garantien abgegeben, weiter nichts. Und um das Vermögen von Großanlegern und Spekulanten müssen wir uns erst recht keine Sorgen machen.
Sorgen um Europa
Worum wir uns sorgen sollten, ist Europa. Natürlich ist Europa eine Transferunion! Natürlich brauchen wir einen europäischen Finanzausgleich! Ein Austritt oder gar Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone wäre fatal. Denn der Euro ist ein politisches Instrument, das dem europäischen Kultur- und Werteraum eine Klammer gibt. Er dient der Einigung Europas - das sonst eine zerfallende Region wäre.
Die EU erinnert territorial an das alte Römische Reich, in dem sich griechisch-christliche Kultur und römisch-fränkische Infrastruktur miteinander segensreich verbanden, bevor das Reich zerfiel. Die heutige EU reicht vom Hadrianswall in Schottland bis nach Bulgarien, ans Schwarze Meer. Doch die Europäische Union ist nicht mehr monarchisch-imperial geprägt wie seinerzeit das Römische Reich, sondern demokratisch-föderal. Diese heutige Union, dieses Europäische Reich ist ein gemeinsamer Kultur- und Werteraum, den es zusammenzuhalten und zu verteidigen gilt, heute, im Zeitalter des Wirtschaftlichen, eben auf wirtschaftlichem Wege.
Das Todesurteil für die europäische Idee
Als Adenauer und De Gaulle die europäische Einigung ins Leben riefen, hatten sie genau dies im Sinn: ein Europa als "Dritten Weg", zwischen den USA und Asien. Die europäische Währungs- und Solidarunion soll die Integrität dieser einzigartigen Kultur- und Wertegemeinschaft namens Europa gewährleisten, um die wir zweitausend Jahre lang gerungen haben. Im Angesicht von Putins Expansionskurs in der Ukraine, Erdogans reaktionärer Religionspolitik in der Türkei und des IS-Terrors in Vorderasien ist ein europäisches Zusammenhalten dringender nötig denn je.
Griechenland symbolisiert diese Kultur- und Wertegemeinschaft wie kein zweites europäisches Land. Nicht nur als Wiege des europäischen und später christlichen Erbes, sondern auch als geografischer Außenposten, der dieses Erbe, immer wieder verteidigt hat. Es aus kurzsichtigem ökonomischem Kalkül heraus aufs Spiel zu setzen, wäre das Todesurteil für die europäische Idee. Darüber sollten auch wir Deutschen uns endlich klar werden, wenn wir über griechische Staatsschulden sprechen.
Konstantin Sakkas, Jahrgang 1982, schloss 2009 das Studium in den Fächern Rechtswissenschaften, Philosophie und Geschichte an der Freien Universität Berlin ab. Er arbeitet seit mehreren Jahren als freier Autor für Presse und Rundfunk.
Konstantin Sakkas
Autor Konstantin Sakkas© privat
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