Google Maps goes Fahrrad

Von Franziska Rattei · 03.07.2013
Eine neue Google Maps-Anwendung für Smartphones soll Fahrradfahrer verlässlich ans Ziel bringen. Während die Radlerlobby den neuen Service begrüßt, warnt die Polizei.
App-Stimme: "Nach Südosten."

Bremen ist eine Fahrradstadt. Rund ein Viertel aller Wege legen die Bremer per Rad zurück. Viele Radwege sind gut ausgeschildert. Das Bundesgeschäftsstelle des ADFC allerdings liegt ein wenig versteckt, in der Neustadt; vom Korrespondentenbüro aus gesehen also auf der anderen Weserseite.

Die genaue Adresse des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs muss ich gar nicht mehr eingeben, die App findet sie selbständig. Wie bei einem Navigationsgerät geschieht die Ortung via GPS. Danach ist die Route schnell berechnet, und es kann losgehen. Auf dem Display erscheinen drei Routenvorschläge; alle etwa eineinhalb Kilometer beziehungsweise fünf Minuten lang. Ich wähle eine Route aus und verwende die Sprachansage. Mit aufgesetzten Kopfhörern und Smartphone in der Hosentasche warte ich auf die nächste Anweisung.

App-Stimme: "Nach 300 Metern rechts abbiegen."

Ich soll auf die Bürgermeister-Smidt-Brücke abbiegen. Das ist aber nicht möglich. Die Straße, auf der ich mich befinde, liegt zwei lange Treppen unter der angekündigten Straße. Also trage ich das Rad auf die richtige Ebene und setze den Weg anschließend fort.

App-Stimme: "Links abbiegen auf Papagoyenboom. Danach erreichen Sie das Ziel."

Die Google Maps-App hat mich ans Ziel gebracht. Nicht problemlos und auch nicht ganz komfortabel – das letzte Stück des Wegs war rutschiges Kopfsteinpflaster. Aber ich bin angekommen; im Büro von Wolfgang Richter. Er ist Tourismus-Referent in der Bundesgeschäftsstelle des ADFC und beschäftigt sich hauptberuflich vor allem mit Fahrradrouten und Karten für bestimmte Touren. Für das Fahrrad-Routing hat der ADFC Google Daten über 250.000 Kilometer Fahrradstrecke verkauft.

Richter: "Bisher gab es dieses Angebot von Google eben nur für Autofahrer, für Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel und Fußgänger, und wenn das Angebot um das Radfahren erweitert wird – da haben wir gesagt: Da sind wir gern dabei."

Die Daten, die der ADFC Google zur Verfügung gestellt hat, wurden alle per Rad abgefahren und bewertet, beispielsweise in Bezug auf Verkehrsbelastung und Oberflächenstruktur. Diese Routenvorschläge bietet der ADFC auch weiterhin über das eigene Tourenportal an. Hier können Nutzer detaillierter vorgehen als bei Google und zum Beispiel eingeben, ob sie mit einem Renn- oder Tourenrad unterwegs sind. Für Freizeitradler ist das Tourenportal deshalb besser geeignet als die neue Google Maps App, meint Wolfgang Richter. Adressgenaue Routen und innerstädtische Fahrten lassen sich damit aber gut berechnen.

Richter: "Wenn jemand in eine fremde Stadt fährt, wo er sich eben nicht auskennt und hätte dann gern eine Strecke von seinem Ankunftsort, ob das jetzt ein Autoparkplatz ist oder ein Bahnhof ist, zu einem bestimmten Ziel. Dann ist es auf alle Fälle gut. Wenn man kurze Wege zurücklegt, also keine extrem langen Strecken, kann man sich in einer fremden Stadt gut orientieren."

Wolfgang Richter hat schon viele Strecken des Google-Fahrradroutings getestet. Dabei ist ihm aufgefallen, dass nicht alle vorgeschlagenen Strecken für Fahrradfahrer erlaubt sind. Bei Einbahnstraßen etwa zeigt die App fälschlicherweise manchmal beide Fahrtrichtungen als freigegeben an. Ein paar Fehler sind in den letzten Wochen verschwunden, sagt Richter. Vielleicht weil Google nachgebessert hat – darüber bekomme der ADFC aber keine Auskünfte. Vielleicht hat aber auch ein Nutzer die Strecken korrigiert, meint er. Theoretisch ist das mit dem sogenannten "Map Maker" möglich; praktisch aber eher schwierig, sogar für Wolfgang Richter, der äußerst geübt ist im Umgang mit digitalen Karten.

Das Rathaus in Bremen
In Bremen testete die Autorin die neue App.© picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen
35 Euro Verwarnungsgeld drohen
Google bezeichnet seinen Fahrradrouten-Planer noch zurecht als Beta-Version, gleichzeitig hat die App viele Vorteile. Sie ist kostenlos, und wer sie benutzen will, braucht lediglich ein Android-Smartphone mit GPS-Ortung und Internetzugang.

App-Stimme: "Nach 300 Metern weiter auf Friedrich-Karl-Straße."

Diejenigen, die beim Fahren aufs Display schauen, sollten sich überlegen, eine Halterung ans Fahrrad anzubringen, sagt Kennet Twachtmann, der in der Verkehrsabteilung der Polizei Bremen arbeitet.

Twachtmann: "Also man muss vorweg schicken: ein Smartphone ist weiterhin ein Telefon. Und der Gesetzgeber hat gesagt: wer ein Telefon in der Hand hält, das reicht schon aus – das darf man nicht. Wir halten denjenigen an, weil – auch wenn man nicht telefoniert – allein schon das Smartphone in der Hand halten bedeutet schon einen Verstoß gegen einen Tatbestand."

Dafür kann die Polizei bis zu 35 Euro Verwarnungsgeld verlangen. Wer die Fahrradrouting App per Ohrstöpsel benutzt und sein Smartphone beispielsweise in der Hosen- oder Hemdtasche trägt, fährt mit geringerem Risiko, sagt Twachtmann. Allerdings:

Twachtmann: "Es gibt wieder einen anderen Passus in der Straßenverkehrsordnung, der heißt, dass das Gehör nicht beeinträchtigt werden darf."

Mein Problem ist momentan nicht die Lautstärke der Sprachansage, sondern die Stromversorgung fürs Smartphone. Die Hintergrundbeleuchtung fürs Display und die Sprachführung leeren den Akku nämlich relativ schnell.

App-Stimme: "Nach 600 Metern leicht rechts abbiegen."

Aber mein nächstes Ziel, einen Fahrradladen, erreiche ich gerade noch. Der sogenannte "Local"-Modus hat mich dorthin gelotst. Mit dieser Zusatz-Suchfunktion der App können Adressen von lokalen Unternehmen abgerufen werden: von Cafés, Apotheken oder Geschäften beispielweise.

Fazit: Die Google-App fürs Fahrrad-Routing bringt einen schon ans Ziel. Allerdings: die vorgeschlagenen Strecken würden ortskundige Radfahrer nur bedingt wählen.

Externe Links:
ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Mann vor Google-Logo
Für das Fahrrad-Routing hat der ADFC Google Daten über 250.000 Kilometer Fahrradstrecke verkauft.© dpa / picture alliance / Britte Pederson
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