Goldman-Sachs-Banker wird Staatssekretär

"Die Empörung ist vielleicht doch zu einfach"

Ein Goldman-Sachs-Schild an der Börse in New York
Ein Goldman-Sachs-Schild an der Börse in New York © dpa/picture-alliance/Justin Lane
Anna Sauerbrey im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 20.03.2018
Selbst aus der CDU kommt Kritik an der Berufung des Co-Chefs von Goldman Sachs Deutschland zum Finanzstaatssekretär. Die Journalistin Anna Sauerbrey findet die Empörung zu einfach. Sie verweist auch auf die Vorteile, die eine solche Berufung habe.
"Da kommt jemand von der Heuschrecke", "Brandstifter als Feuerwehr" - die Entscheidung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) den Investmentbanker Jörg Kukies von Goldman Sachs zum Finanzstaatssekretär zu machen, stößt parteiübergreifend auf Kritik. Selbst der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis kommentierte die Angelegenheit auf Twitter: Er vermisse bereits jetzt Wolfgang Schäuble, denn dieser habe wenigstens nicht so getan, als sei er Sozialdemokrat.
"Tagesspiegel"-Redakteurin Anna Sauerbrey ist skeptisch hinsichtlich solcher Kritik:
"Die Geschichte, die jetzt da erzählt wird, ist natürlich ganz einfach, und die Empörung ist auch ganz einfach", sagte sie im Deutschlandfunk Kultur. "Also, ausgerechnet ein Sozialdemokrat holt jetzt einen Investmentbanker, einen Krisengewinnler, einen Mitverursacher für die Finanzkrise und die Misere in vielen europäischen Ländern in das Finanzministerium."

Banken oder Staat - wer profitiert mehr davon?

Sauerbrey verweist dagegen auf die Vorteile, die mit einer solchen Berufung verbunden seien: etwa die Fachkenntnisse, das Wissen um die Strukturen und die internationale Vernetzung. Auch habe Kukies "wahrscheinlich auch stilistisch einfach einen guten Zugang zu den Leuten, mit denen er dann zusammenarbeiten muss im internationalen Finanzgeschäft".
Anna Sauerbrey, Leiterin des Meinungs-Ressorts des Berliner "Tagesspiegels", im Studio von Deutschlandradio Kultur.
Anna Sauerbrey, Leiterin des Meinungs-Ressorts des Berliner "Tagesspiegels", im Studio von Deutschlandradio Kultur.© Deutschlandradio / Sandra Ketterer
Auf der anderen Seite gesteht die "Tagesspiegel"-Redakteurin den Kritikern die "berechtigte Sorge" zu, "dass am Ende mehr Expertise über das Funktionieren von Regierungsarbeit in den Banksektor transferiert [wird] als sozusagen umgekehrt Wissen über das Funktionieren des Bankensektors in die Regierung". Dennoch habe ein solcher "Clash der Kulturen" auch etwas Gesundes. "Also, dass eben auch ein Verständnis dadurch entstehen kann im besten Fall für die Kultur der jeweils anderen Seite."
(uko)

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