Goldgräber und Klassenkämpfer

04.12.2006
Bis heute verschlingen Millionen von Lesern weltweit seine Klassiker wie "Der Ruf der Wildnis" oder "Wolfsblut". Doch Jack London war auch glühender Verfechter sozialistischer Ideen. Michail Krausnick versucht in seiner Biografie, beide Seiten des Autors zu beleuchten und macht klar, wie wichtig, einflussreich, berühmt und stilprägend London eigentlich für die Literatur seiner Zeit war.
Er war der erste amerikanische Schriftsteller, der zum Medienstar wurde: Jack London. Am 26. November vor 130 Jahren wurde er geboren, am 22. starb er, vor 90 Jahren; aber er blieb immer unvergessen, denn bis heute verschlingen Millionen von Lesern weltweit seine Klassiker wie "Der Ruf der Wildnis" oder "Wolfsblut".

Während allerdings Jack London in der Bundesrepublik immer als Jugend- und Abenteuer-Autor galt, stellte die DDR auch den Klassenkämpfer und Sozialisten Jack London vor. Diese Welten zusammenzuführen, hat sich nun eine neue Jack-London-Biographie zur Aufgabe gemacht, verfasst von Michail Krausnick, einem mehrfach preisgekrönten Multi-Media-Autor, der auch schon Biographien unter anderem von Matthias Erzberger und Georg Herwegh vorgelegt hat.

Krausnick gliedert sehr übersichtlich die Lebensphasen von Jack London in 14 Unterkapiteln, mit Titeln wie Der Tramp, Der Literaturunternehmer, Der Sozialist oder Der Farmer und so weiter. Der Ton des Buches ist angenehm zurückhaltend, er lässt die Fakten und Abläufe für sich sprechen, die spannend und dramatisch genug sind. Viele graphisch kenntlich gemachte Zitate machen die Biographie sehr lebendig, das qualitativ hervorragende Fotomaterial, auch in Vierfarbdruck, macht es dazu auch sehr sinnlich.

Inhaltlich bietet die Biographie über die Aufarbeitung hinaus für viele Leser sicherlich Neues, vor allem in zwei Bereichen: Erstens räumt er mit der anscheinend unausrottbaren Legende um Jack Londons vermeintlichen Selbstmord auf, nach der sich London zu Tode getrunken oder an einer Überdosis Morphium gestorben sein sollte. Exakt zeichnet Krausnick den Todeskampf in der Nacht vor dem Tod nach; im Faksimile-Abdruck des Totenscheins heißt es lapidar: Nierenkolik mit Urämie.

Und neu für viele Leser wird auch Krausnicks komplexe Darstellung von Londons Engagement für die sozialistische Idee und für kommunistische Utopien sein, dessen Engagement als, wie er es selbst nannte, Klassenkämpfer.

Krausnick bietet kein fundamental neues Bild von Jack London, aber er macht sehr klar, wie wichtig, wie einflussreich, wie berühmt, wie stilprägend Jack London eigentlich für die Literatur seiner Zeit war, - und das war er zweifellos, vergleichbar nur mit Walt Whitman und dessen Einfluss auf die Lyrik. London war ein Medienstar und ein Idol der Generationen vor und nach dem ersten Weltkrieg, jeder las London: Leo Trotzki, Erich Maria Remarque, Anatole France, und nicht einmal die Nazis wagten es, seine berühmten Romane zu verbieten.

Die Jack-London-Biographie von Michail Krausnick avanciert wegen ihrer Qualität zu einem neuen Standardwerk, auf der anderen Seite aber auch schon deshalb, weil es auf dem Buchmarkt überhaupt keine andere Biographie mehr gibt, - wenn, dann nur noch antiquarisch, und zwar die von Irving Stone und die von Rolf Recknagel. Michail Krausnick hat eine katastrophale Lücke geschlossen, und das äußerst gelungen.

Rezensiert von Lutz Bunk


Michail Krausnick: Jack London
Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)
München 2006
159 Seiten, 10 Euro