Göring-Eckardt: Schröder ist ein rot-grüner Kanzler

05.09.2005
Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, hat sich zufrieden über den Auftritt von Bundeskanzler Schröder beim gestrigen TV-Duell geäußert. Der Kanzler habe häufig mit grünen Themen argumentiert und somit herausgestellt, dass er ein rot-grüner Kanzler sei, sagte Göring-Eckardt.
Sagenschneider: Ich möchte nun sprechen mit Katrin Göring-Eckardt, ist Fraktionschefin der Grünen im Bundestag. Guten Morgen Frau Göring-Eckardt.

Göring-Eckardt: Schönen guten Morgen.

Sagenschneider: Wie fanden Sie den Kanzler?

Göring-Eckardt: Der Kanzler war eindeutig überlegen, aber ich glaube nicht, weil er ein Medienkanzler ist. Ich halte das für eine eigenartige Zuschreibung. Er hat ja da gestern nicht ein Schauspiel abgeliefert, sondern seine Argumente und am Ende wird am 18. September nicht darüber abgestimmt, wie das Duell ausgegangen ist, sondern es wird über Politik abgestimmt.

Sagenschneider: Es war ja interessant, dass Gerhard Schröder gleich in seiner ersten Antwort mit grünen Argumenten kam und die erneuerbaren Energien ins Spiel gebracht hat. Das war ja nicht immer so, dass er die grünen Inhalte so freundlich bewertet hat. Hat Sie das ein bisschen erstaunt?

Göring-Eckardt: Ja, das macht er ja schon den ganzen Wahlkampf über, da zeigt er schon, dass er ein rot-grüner Kanzler ist. Wir hatten auch die virtuelle Anwesenheit von Joschka Fischer im Duell, der da mehrfach ins Spiel gebracht wurde und eine Rolle spielte...

Sagenschneider: Zum Beispiel als Rentenexperte witziger Weise.

Göring-Eckardt: Na ja, nicht witziger Weise, das ist schon etwas, was ihn sehr umtreibt, diese Frage der Generationengerechtigkeit und insofern hat es mich sehr gewundert, ich hätte mir gewünscht, dass er Angela Merkel bei der zentralen Energiefrage natürlich stärker stellt, also dass sie ja in der Tat zurück will zur Atomkraft, auch noch unterstützt von Herrn von Pierer. Das hat der Kanzler ihr jedenfalls nicht gerade aufs Butterbrot geschmiert und sie musste dazu keine Stellung nehmen und ich glaube, dass das viele Leute in Deutschland interessiert hätte, wie sie darauf reagiert hätte.

Sagenschneider: Insgesamt hat Gerhard Schröder so richtig von Rot-Grün, bis auf diese wenigen Ausnahmen, kaum gesprochen. Eigentlich hat er immer gesagt, "meine Politik", und das drückt doch eine große Distanz aus zur SPD natürlich in erster Linie, aber auch zu Rot-Grün.

Göring-Eckardt: Ich glaube, dass es jetzt natürlich so ist, dass alle Parteien für sich kämpfen. Das tun wir auch und wenn sie auf unseren Wahlkampfveranstaltungen sind, dann sehen Sie auch, dass wir natürlich für uns kämpfen und sagen, wir wollen für uns ein gutes Ergebnis und das macht Gerhard Schröder auch und insofern ist das schon auch verständlich auf der einen Seite, auf der anderen Seite hat er über die Inhalte sehr deutlich gemacht, gar nicht so sehr, dass er nur als rot-grüner Kanzler da steht, sondern auch dass es um diese Fragen einfach zentral geht in Deutschland. Also das war ja keine Nettigkeit, sondern es ist in der Tat ja so, dass es um diese Energiefragen, um die Klimafragen geht, nicht nur in Deutschland, sondern darüber hinaus und das wissen wir nicht erst seit dieser unheimlichen Katastrophe in New Orleans.

Sagenschneider: Es ging in erster Linie um Wirtschaftsfragen und die Frage, wie reduziert man die Anzahl von fünf Millionen Arbeitslosen.

Göring-Eckardt: Richtiger Weise, aber das hat ja sehr viel miteinander zu tun, also wenn man die Klima- und die Ölfrage nicht klärt, dann wird man auch in der Wirtschaftfrage immer abgehängt bleiben. Dass die Ölpreise so drastisch in die Höhe gestiegen sind, hat natürlich auch Relevanz für die Unternehmen in Deutschland und nicht nur in Deutschland und ob wir es schaffen können, uns unabhängig zu machen vom Erdöl, dass wird auch für die Arbeitsplätze in Deutschland ganz relevant sein. Und das ist aber eben nur der eine Teil. Der andere Teil ist in der Tat die langfristige Frage, wie sieht es aus mit unserem Klima? Was bedeutet Umweltzerstörung? Und das können wir in regelmäßigen Abständen immer wieder besichtigen, erschrecken und trotzdem ist es dann manchmal so, dass man den Eindruck hat, dass die Konservativen, die CDU/CSU diese Frage gar nicht im Blick hat, dass es natürlich auch eine Notwendigkeit von Politik ist, mal über den Tag hinauszudenken.

Sagenschneider: Kommen wir noch einmal zurück zum Duell gestern, glauben Sie denn, dass dieser Auftritt von Schröder helfen wird, oder hat so ein Fernsehduell doch nicht so die große Bedeutung?

Göring-Eckardt: Ich glaube, es haben sehr viele Leute gesehen und viele wollten sich ein Bild machen. Aber ich glaube, letztendlich Wahl entscheidend ist so ein Fernsehduell nicht. Das hat einen hohen Unterhaltungswert und sicherlich ist es auch sehr, sehr spannend gewesen und viele Leute wollen in der Tat ja auch Argumente hören, aber ich glaube nicht, dass das Wahl entscheidend ist am Ende, weil die Menschen sich sehr genau anschauen bei diesen Wahlen, was für eine Politik sie haben wollen. Und da reicht ein Fernsehduell sicherlich nicht aus. Aber es ist ja auch nicht das einzige, sondern es gibt ja auch im Fernsehen sehr viele Sendungen, wo man Politiker sehen kann und wo Argumente ausgetauscht werden über Themen und vor allen Dingen kann man in Wahlkampfzeiten und das ist, glaube ich, das große Plus, die Politikerinnen und Politiker sehr, sehr viel mehr vor Ort erleben, als was in normalen parlamentarischen Zeiten der Fall ist.

Sagenschneider: Für Rot-Grün schlägt sich die inhaltliche Debatte noch nicht so Recht in Umfragewerten, in besseren, nieder. Nach dem jetzigen Stand diskutieren wir eigentlich nur über zwei Optionen: Schwarz-Gelb oder große Koalition nach den Wahlen. Die Grünen hat eigentlich keiner mehr auf der Rechnung.

Göring-Eckardt: Zunächst einmal ganz sicher auf der Rechnung, weil wir im Deutschen Bundestag hoffentlich in Regierungsverantwortung, aber auch in Opposition gebraucht werden. Die zentralen Fragen, über die wir vorhin gesprochen haben, also die Verbindung von Arbeitsmarkt und Ökologie, die Unabhängigkeit vom Erdöl, das vertritt niemand so klar und authentisch wie die Grünen und das ist sicherlich sehr deutlich, dass wir da gebraucht werden. Ansonsten das, was die Frage der Regierungsbildung angeht, das wird man dann am 18. September sehen. Ich habe da jedenfalls nicht bange, dass die Grünen im nächsten Bundestag eine zu geringe Rolle spielen werden. Und wenn es dann tatsächlich nur für die Opposition reicht, dann werden wir die Kraft sein, die am nächsten oder übernächsten Tag wieder bereit ist zu regieren. Und dass das manchmal schneller geht als man denkt, sieht man gerade.

Sagenschneider: Wird aber schwierig, sie sind auch in gar keinem Bundesland mehr in der Regierung vertreten.

Göring-Eckardt: Dass wir das können, weiß man aber ganz gut. Und es gibt ja auch wieder Landtagswahlen und da mache ich mir gar keine Sorgen.