Gilda im Glashaus

Von Michael Horst · 21.04.2013
Regisseur Jan Bosse scheint sich vorgenommen zu haben, Verdis Oper "Rigoletto" zu entzaubern und zu entromantisieren. Seine Inszenierung an der Deutschen Oper ist allzu prosaisch, die Spannung kommt vor allem aus dem Orchestergraben.
Jan Bosse arbeitet seit mehreren Jahren erfolgreich als Hausregisseur am Berliner Maxim-Gorki-Theater, zweimal hat er bereits auch Oper inszeniert, in Basel und Frankfurt. Jetzt läutet er mit einer "Rigoletto"-Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin das dortige Verdi-Jahr ein. Bosse scheint sich fest vorgenommen zu haben, die Oper, die ein Stück von Victor Hugo aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Vorlage hat, zu entzaubern und zu entromantisieren.

Sein Bühnenbildner Stéphane Laimé lässt den holzvertäfelten Zuschauerraum der Deutschen Oper samt Stuhlreihen noch einmal auf der Bühne nachbauen, um zu signalisieren: Dies Stück spielt mitten unter uns. Dazu gibt es Glitterröckchen und eine Discokugel, und der Narr Rigoletto tritt als Hase im goldenen Glitzerkostüm auf, das er sich nach und nach vom Körper reißt.

"Zu Tränen rühren", wie Bosse es im Vorfeld angekündigt hat, vermag er damit nicht. Wo Verdi von einem grandiosen Stoff spricht, bleibt bei Bosse alles prosaisch, und nur wenige Bilder besitzen starke Ausdruckskraft, wie etwa das Glashaus, in dem Gilda eingesperrt ist. Auch dass Verdi hier ein Nachtstück komponiert hat, lässt der Regisseur weitgehend außer acht; schon das düstere Vorspiel wird von ihm als Einleitung zur 1. Szene einfach weginszeniert.

Die Spannung kommt vor allem aus dem Orchestergraben. Pablo Heras-Casado, spanischer Shootingstar der letzten Jahre, hat gut mit dem Orchester der Deutschen Oper gearbeitet. Es spielt sehr konzentriert und klangschön; gerade auch die so genannten "Humm-ta-ta"-Stellen erhalten die nötige federnde Spannung, über der sich die Melodien entfalten können. Allerdings gab es bei den Sängern einige Überraschungen, auf welche die Deutsche Oper offensichtlich nicht vorbereitet war.

Der Tenor musste drei Tage vor der Premiere ausgetauscht werden: Der junge Amerikaner Eric Fennell sang solide, war aber stimmlich für das große Haus mindestens eine Nummer zu klein und konnte dem leichtlebigen Herzog von Mantua kaum Profil geben. Die Sängerin der Gilda musste am Morgen der Premiere absagen; für sie wurde die sehr talentierte Russin Olesya Golovneva eingeflogen, die von der Seite sang, während Lucy Crowe die Rolle wie geplant spielte. Leichtes Spiel hatte da Andrzej Dobber als Rigoletto mit seinem kraftvoll-sonoren Bariton und seiner plastischen Rollengestaltung. Er wurde zum Mittelpunkt einer durchwachsenen Inszenierung, die kaum das Zeug dazu haben dürfte, in die Fußstapfen der legendären Berliner "Rigoletto"-Inszenierung von Hans Neuenfels zu treten.

Informationen der Deutschen Oper Berlin zur Inszenierung von "Rigoletto"