Gewalt gegen Ordnungshüter

"Die Hemmschwellen sinken"

Ein junger Mann hebt seine geballte Faust (Foto vom 11.01.2008)
Symbolbild: Ein junger Mann hebt seine geballte Faust. © picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Andreas Zick im Gespräch mit Anke Schaefer · 23.06.2017
Beschimpft, bespuckt, geschlagen - Beschäftigte im öffentlichen Dienst werden immer häufiger Opfer von verbaler oder körperlicher Gewalt. Konfliktforscher Andreas Zick erklärt, warum gerade Ordnungshüter immer häufiger als Feinde wahrgenommen werden.
Ob Polizist, Mitarbeiterin beim Jobcenter oder Schaffner der Deutschen Bahn – immer häufiger sehen sich Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit Aggression und Gewalt konfrontiert. Während die Deutsche Bahn im Jahr 2012 noch knapp 900 Vorfälle registrierte, waren es 2016 2.300 Gewalttaten. "Die Hemmschwellen sinken", so Konfliktforscher Andreas Zick am Freitag im Deutschlandfunk Kultur. "Insgesamt ist die Gewaltbilligung und die Bereitschaft zur Durchsetzung von eigenen Interessen angestiegen."

Gewalt gegen öffentliche Institutionen gestiegen

Die Gewalt sei nicht unbedingt insgesamt in der Gesellschaft gestiegen, betonte Zick, aber Gewalt gegen Personen, die öffentliche Institutionen repräsentieren. "Wir haben hier eine stark vorurteilsbasierte Gewalt", so der Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. So werde insbesondere die Polizei in manchen Situationen als Feind wahrgenommen, der der Durchsetzung eigener Interessen im Wege steht.

Anspruchshaltung gegenüber Ordnungshütern

Hintergrund sei die zunehmende Leistungsorientierung in der Gesellschaft. Immer mehr Menschen würden schlussfolgern: "Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und dann müssen auch die Kräfte, die die Institution repräsentieren die Leistung bringen. Bringen sie die nicht, dann bin ich legitimiert, sie anzugreifen", fasste Konfliktforscher Zick die Haltung zusammen. Die Forschung spreche von "marktförmigem Extremismus". "Marktgesetze werden auf den öffentlichen Bereich umgesetzt und dann brechen traditionelle Wertvorstellungen wie Respekt oder Empathie ein." Gleichzeitig nehme die Zivilcourage in der Gesellschaft ab.
(uz)
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