Geschenk der Volksrepublik China

Trier nimmt die monumentale Karl-Marx-Statue an

Die Volksrepublik China will der Stadt Trier als Geburtsort von Marx einen "Riesen-Marx" aus Bronze zum 200. Geburtstag in 2018 schenken: Zurzeit ist ein hölzerner Schattenriss in der Originalgröße von 6,30 Meter zu sehen.
Die Volksrepublik China will der Stadt Trier als Geburtsort von Marx einen "Riesen-Marx" aus Bronze zum 200. Geburtstag in 2018 schenken: Zurzeit ist ein hölzerner Schattenriss in der Originalgröße von 6,30 Meter zu sehen. © picture alliance / Harald Tittel/dpa
Von Anke Petermann · 14.03.2017
Die Geburtsstadt von Karl Marx lässt sich aus China beschenken. In Trier hat sich der Stadtrat für die Annahme einer bronzenen Statue des Philosophen entschieden. Das Marx-Denkmal wird einen Gehrock tragen, recht konventionell ausschauen und mit Sockel sechs* Meter messen.
So turbulent wie gestern am späten Abend geht es im Trier Stadtrat vermutlich selten zu: eine hitzige Debatte entspann sich um die Frage, ob die Geburtsstadt von Karl Marx eine Statue als Geschenk zum 200. Geburtstag des Philosophen annehmen soll, gestiftet von der Volksrepublik China und hergestellt vom einem staatsnahen Künstler. Am Ende entschied das Gremium mit großer Mehrheit, die Gabe anzunehmen: Trier bekommt also einen Riesen-Marx. Ein vergiftetes Geschenk, meinen manche.

Manuskript zum Beitrag:
"Ich bin eine schwarze Seele, durch und durch", sagt Andreas Ludwig von der CDU und freut sich dennoch, dass der Stadtrat für die Annahme der Marx-Statue gestimmt hat. Das gibt ihm als Baudezernenten das Mandat, mit den Chinesen zu verhandeln: über die Ausführung, den genauen Standort und die Kosten des XL-Bronze-Denkmals. Denn gratis wird dieses Geschenk nicht sein.
"Natürlich ist es der Guss, der Etliches kosten wird, Ich gehe davon aus, dass die Skulptur in China gegossen und nach Deutschland transportiert wird."
Plus Sockel und Fundament. Insgesamt eine sechsstellige Summe, über deren Aufteilung Ludwig in den kommenden Wochen mit China spricht.
Einen Entwurf hat der Künstler Wu Weishan schon vorgelegt, zwei Tage lang durften die Trierer die Statue als hölzernen Schattenriss am Originalstandort nahe der Porta Nigar besichtigen und darüber streiten, ob sie den Riesen-Marx in der Nähe seines Geburtshauses und der Porta Nigra stehen haben wollen: auf einem 1,40 hohen Sockel.
Christine Lehmann, Zuschauerin der Stadtratssitzung, gefällt der Korrekturvorschlag einer Triererin:
"Die sagte: Holt ihn vom Sockel, den finde ich als guten Kompromiss - auf Augenhöhe."

Der SPD-Oberbürgermeister hätte sich eine abstraktere Variante vorstellen können

Anderswo wurden monumentale Marx-Statuen mit dem Niedergang des Kommunismus entsorgt, Trier stellt sich nun eine reichlich konventionelle auf: Marx im wehenden Gehrock in Übervater-Oversize.
"Ich gebe zu, ich hätte mir das auch abstrakter vorstellen können", sagt Oberbürgermeister Wolfram Leibe, SPD, der gemeinsam mit seinem Baudezernenten für die Statue warb.
"Trier gewinnt tatsächlich einen Ort, wo Karl Marx Präsenz zeigt. Und an dieser Figur wird es viele, viele Diskussionen geben, und das tut der Sache gut."
Die Sozialdemokraten gemeinsam mit CDU und Linkspartei in einer selten Allianz – pro Mega-Marx. Kontra geben AfDler, Liberale und eine grüne Minderheit. Mit der Annahme des Geschenks ehren wir den Schenker, kritisiert ein Grüner, und das habe die Kommunistische Partei Chinas nicht verdient. Man müsse genau hinschauen, mahnt auch FDP-Mann Tobias Schneider mit Blick auf die Plastik:
"Welchen ideologischen Hintergrund bedient sie. Es geht ganz klar dabei darum, die chinesische Staatsideologie, die verantwortlich ist für Menschrechtsverletzungen, hier zu befördern, und das können wir uns in einer freien Gesellschaft nicht erlauben."
Marx, der fiese Kommunist, auf den sich Diktatoren berufen, oder der große Philosoph, Sozialrevolutionär und scharfe Analytiker des Kapitalismus. China, eine große Wirtschaftsmacht oder vor allem ein kommunistisches Unrechtsregime? Wandel durch Annäherung oder durch klare Kante? Die Trierer sind gespalten, der Stadtrat aber einiger als es in der heftigen Debatte schien. Dass ausgerechnet die Volksrepublik China die Lücke füllt, die Trier durch die lange versäumte Auseinandersetzung mit dem großen Sohn hat entstehen lassen - ein Treppenwitz der Geschichte?
Richard Leuckefeld vom grünen Pro-Flügel:
"Die Marx-Statue selber wird keinen zusätzlichen chinesischen Touristen anlocken, aber es wird vielleicht westliche Touristen dazu bringen, weiter nachzuforschen, welche Rolle Karl-Marx in Trier gespielt hat. Vielleicht gehen die dann deswegen ins Karl-Marx-Haus."
*In einer früheren Version dieses Textes stand fälschlicherweise, die Statue sei acht Meter hoch.
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