Gerontopsychologe nennt Fixierung von Senioren "Fesselung"

18.12.2012
Der Bonner Gerontopsychologe Rolf D. Hirsch vom Verein "Handeln statt Misshandeln" hat die in vielen deutschen Seniorenheimen gängige Praxis der Fixierung kritisiert. Diese "Fesselungen" geschähen meist gegen den Willen der Patienten. Daraus entstünden auch Todesfälle, die ansonsten hätten verhindert werden können.
Diese Fixierung sei eigentlich eine "Fesselung", sagte Hirsch. "Es gibt auch manche Pflegekraft, die davon spricht, dass das eine moderne Form der Folter" gegenüber alten Menschen ist, ergänzte er.

Die Arbeitsbedingungen in Pflegeheimen seien zum Teil katastrophal, äußerte Hirsch: "Da kann man natürlich von Pflegenotstand sprechen." Daran werde letztendlich weder von den Trägern der Einrichtungen noch auf der politischen Ebene etwas signifikant verändert.

In manchen Heimen müssten nachts 80 bis 100 schwer Pflegebedürftige von nur zwei Personen versorgt werden. Viele Pfleger entschieden sich in dieser Notlage für die eigentlich überflüssige Fixierung: "Da beginnt die Form der strukturellen Gewalt. Es ist ein Unding sondergleichen, von Menschen, von Pflegekräften so etwas zu fordern. Da kommt dann die innere Wut gegen oben. Und die Angst, ich könnte dafür verantwortlich sein, wenn etwas passiert."

Die größte Gefahr eines niedrigen Pflegeschlüssels sei die unnötige Verabreichung von Medikamenten, kritisierte Hirsch: "Das würde aber heißen: eine innere Fixierung. Und die ist sicher nicht weniger tragisch als äußerliche Fesselungen."

Das vollständige Interview mit Rolf D. Hirsch können Sie bis mindestens zum 18. Mai 2013 als mp3-Audio nachhören.