Gastland Frankfurter Buchmesse 2018

Warum Georgien auf die EU hofft

Tiflis bei Nacht.
Tiflis bei Nacht. © imago / stock & people
Von Volker Dittrich · 16.10.2017
Georgien ist 2018 Gastland der Frankfurter Buchmesse. Ein Schaulaufen für das Ziel EU-Mitgliedschaft. Visaerleichterungen und ein Assoziierungsabkommen gibt es schon, aber Fortschritte sind langsam. Literaten schöpfen Hoffnung aus dem früheren Tiflis.
"Also, im neunzehnten Jahrhundert ist Tiflis eine sehr, sehr interessante Stadt gewesen. Hier gab es sehr viele verschiedene Kulturen. Es waren christliche, muslimische, jüdische."
Abo Iaschaghaschwili ist einer der Schriftsteller, die im nächsten Jahr auf der Frankfurter Buchmesse das Gastland Georgien in Deutschland vertreten werden.
Wir stehen auf einer Terrasse und schauen auf die Stadt Tiflis, oder Tbilissi, wie die Georgier ihre Hauptstadt nennen. Links von uns stehen alte, leicht verfallene Häuser am Hang. Unter uns dicht an dicht Häuser mit für Georgien typischen grauen flachen Zeltdächern. Ganz unten auf dem Rustaweli-Prospekt ragt der hohe Turm der Akademie der Künste heraus. Dahinter liegt das neu gebaute kastenförmige Radisson Blue. Und ein Stück daneben das Biltmore-Hotel.
Aber Abo zeigt nach rechts zur Altstadt und spricht von dem alten Tbilissi.
"Es gab sehr viele verschiedene Völker hier: Kurden, Armenier, Polen, Deutsche, Russen, Perser, Türken, selbstverständlich auch Juden, Armenier. Und alle diese Leute wohnten in dieser Stadt. Das war keine große Stadt. Aber jeder hat hier Spuren hinterlassen."
Schrifsteller Abo Iaschaghaschwili steht auf einer Beobachtungsplattform mit Blick auf Tiflis.
Abo Iaschaghaschwili schreibt Bücher und arbeitet als Reiseführer in Georgien.© Volker Dittrich
Abo verdient sein Geld allerdings nicht mit dem Schreiben, sondern als Bergführer bei einer Reiseagentur. Immer mehr Touristen wollen die traumhafte Landschaft Georgiens im Kaukasus erkunden.
In Abos Roman "Royal Mary" steht der Staatsbesuch des Schahs von Persien im Mai 1889 in der georgischen Hauptstadt kurz bevor. Der Schah orientiert sich an Westeuropa. Und in Tiflis im 19. Jahrhundert habe der Schah seinen Fuß auf europäischen Boden gesetzt, heißt es im Roman. Abends sah der Schah in der Oper die Premiere des "Nussknacker" von Tschaikowski:
"Nach den Moscheen und Minaretten, den Gärten und Springbrunnen von Teheran bekam der Schah jetzt also völlig andere Eindrücke. Seine Kutsche fuhr den Glowinski-Prospekt entlang, und er hatte allen Anlass, mit einer gewissen Bewunderung die europäische Architektur auf beiden Straßenseiten zu betrachten. Balkone ruhten auf den Schultern des Titanen Atlas, Greifen und Löwenköpfe schmückten die Häuser. Man sah zwar deutlich den europäischen Einfluss, aber andererseits auch viele Menschen in kaukasischer Tracht, mit verziertem Brustlatz und Überwürfen aus Filz, seidenen Kopftüchern und Turbanen."

Arbeitslosigkeit auf dem Land wohl höher als 40 Prozent

Zurück in die Gegenwart: Zusammen mit Gulia spaziere ich auf dem ehemaligen Glowinski-Prospekt, der heute nach dem georgischen Nationaldichter Rustaweli benannt ist, Richtung Freiheitsplatz.
"Wir hatten in Georgien eine sehr schwere Situation. Eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Ich bin ein Mensch voller Energie. Ich konnte nicht einfach zu Hause sitzen. Habe aber keine Arbeit gefunden und dachte, was kann ich tun."
Gulia ist Ende 50. Sie versucht, wie viele Frauen in Georgien, die Familie zu ernähren. Als wir an einer Bushaltestelle vorbei gehen, verkaufen Antiquare alte Bücher, Kunstmaler Stadtporträts und ältere Frauen ihr Obst und Gemüse aus dem Garten. Jeder müsse etwas "Business" machen, meint Gulia. Die Arbeitslosenquote liegt offiziell in Georgien bei elf Prozent – in den ländlichen Regionen bei 40 Prozent. Gulia vermutet allerdings eine erheblich höhere Arbeitslosigkeit.

Seit der Unabhängigkeit 1991 viele Enttäuschungen

Vor 25 Jahren war ich mit Gulia das erste Mal hier. Damals war das Parlamentsgebäude teilweise noch vom Bürgerkrieg zerstört, der 1991 nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion entbrannt war. Gulia arbeitete in der Sowjetzeit ganz in der Nähe am Theaterinstitut. Sie hat die letzten vierzig Jahre in Tiflis hautnah miterlebt. Nach der Sowjetzeit galten ihre Hoffnungen Präsident Eduard Schewardnadse, der das Land von 1995 bis 2003 regierte.
Der frühere sowjetische Außenminister und spätere georgische Präsident Eduard Schewardnadse, aufgenommen beim ZDF-Polit-Talk "Maybrit Illner Spezial" am 05.11.2009 zum Thema "20 Jahre Mauerfall - Einheit ja, Gerechtigkeit nein?" im ZDF-Hauptstadtstudio im Berliner Zollernhof Unter den Linden. 
Der frühere sowjetische Außenminister und spätere georgische Präsident Eduard Schewardnadse 2009.© Karlheinz Schindler / dpa
Später hoffte Gulia auf den neuen Präsidenten Micheil Saakaschwili, der von 2004 bis 2013 Staatsoberhaupt war. Und jetzt - hofft sie seit fünf Jahren, dass die Partei "Georgischer Traum" des Milliardärs Bidsina Iwanischwili dafür sorgt, dass es den Menschen wirtschaftlich besser gehen wird.
"Einige sehen Iwanischwili sehr negativ. Ich habe ihm im letzten Jahr noch einmal meine Stimme gegeben. In der Zeit unter Saakaschwili hat sich für mich persönlich nichts verändert. Er hat etwas Business gefördert, neue Gebäude und Straßen entstanden, aber zum Ende seiner Amtszeit waren die Gefängnisse voll mit Leuten, die gegen ihn waren. Und er zwang Unternehmen zu Abgaben für seine größenwahnsinnigen Bauprojekte."
Aber Micheil Saakaschwilis großes Verdienst war es, Georgien in seiner ersten Amtszeit ab 2004 überhaupt wieder zu einem funktionierenden Staat zu machen. Dafür ging er rigoros gegen Korruption vor, verabschiedete eine Polizeireform und baute ein Steuersystem auf.

Bidsina Iwanischwili zieht die Fäden im Hintergrund

Wir sind jetzt am Freiheitsplatz von Tiflis angekommen. In der Mitte des Platzes stand während der Sowjetzeit eine große Lenin-Statue. Heute leuchtet das vergoldete Reiterstandbild des Heiligen Georg, Schutzpatron Georgiens, dem Besucher schon von weitem entgegen.
Und oben auf dem Berghang, direkt über der Altstadt, sieht man, als sei dort gerade ein Ufo gelandet, das riesige Anwesen des Milliardärs Bidsina Iwanischwili, von einem japanischen Architekten entworfen, mit eigenem Hubschrauberlandeplatz. Nach dem Wahlsieg der von ihm gegründeten Partei "Georgischer Traum" 2012 war er Regierungschef. zog sich aber schon nach einem Jahr aus dem Amt zurück. Seitdem zieht er die Fäden im Hintergrund, wie schon zuvor.
"Iwanischwili hat vieles versprochen, und natürlich hat er nicht alles gehalten, aber die Situation in Georgien hat sich stabilisiert. Jetzt hat niemand mehr Angst, dass er zu Abgaben gezwungen wird. Iwanischwili sagt, er mache die Veränderungen allmählich, nach und nach werde er das umsetzen, was er versprochen hat. Aber natürlich, die meisten Leute haben keine Hoffnung mehr."
Gegen die Einschätzung meiner Freundin Gulia steht das Ergebnis der Parlamentswahl 2016: Iwanischwilis Partei "Georgischer Traum" holte vor einem Jahr die absolute Mehrheit unter den 3,7 Millionen Georgiern. Sie fürchteten offenbar eine erneute Instabilität ihres Staates, schienen die inzwischen etwas gefestigten politischen Verhältnisse zu schätzen und haben der Partei Bidsina Iwanischwilis noch eine zweite Chance gegeben. Der Parteivorsitzende Giorgi Kwirikaschwili ist weiter Regierungschef. Vieles entwickelt sich langsam zum Besseren, vor allem in den größeren Städten – und auf dem Land?

Eine Fahrt aufs Land und in die Vergangenheit

Nanuka, die mich schon einmal durch Georgien begleitet hat und mir viel von ihren Verwandten auf dem Land erzählte, nimmt mich mit zur Familie ihres Onkels in ein kleines Dorf in der Nähe des Kurortes Bordschomi.
Nanuka war als Au-pair-Mädchen in Deutschland. Acht Jahre lang, bis 2008.
Die großen Eisenplatten der Brücke scheppern, als wir über den rauschenden Fluss zum Haus des Onkels ins Dorf fahren. Nanuka begrüßt alle, stellt mich vor. Es ist Mittag und aus der Küche riecht es nach Gebratenem.
Großmutter, Sohn und Enkel in georgischer Provinz sitzen nebeneinander auf einer Couch.
Großmutter, Enkel und Sohn in georgischem Dorf sitzen nebeneinander.© Volker Dittrich

Großmutter: "Wenig Geld, viel Arbeit, drei Kinder"

"Mein Leben war sehr schön, bis der Zweite Weltkrieg begann. Mein Vater und mein Bruder mussten in den Krieg ziehen und die Frauen blieben allein. Dann wurde das Leben für uns hart, weil alle Frauen in der Kolchose mitarbeiten mussten, aber abends nichts mit nach Hause nehmen durften."
Nanukas Großmutter blickt mich stolz und selbstbewusst an. Hinter ihr hängt ein braun-rot gemusterter Wandteppich an einer rot gepunkteten Tapete. Sie trägt ein schwarzes Kopftuch, einen dunklen Pullover und darüber eine schwarze Strickweste mit vielen Ornamenten.
"Als mein Vater und mein Bruder aus dem Krieg zurückgekommen sind, konnten sie kaum noch laufen. Deshalb mussten die Frauen weiterarbeiten. Ich wollte studieren. Meine Mutter hat es dann auch zugelassen, und ich wurde Agronom, lernte Zucht-, Fütterungs- und Anbaumethoden. Nach dem Krieg war es wieder ruhig geworden, aber die Menschen hatten weiterhin große wirtschaftliche Probleme. Als ich mein Studium abgeschlossen hatte, bin ich nach Bodschomi gegangen. Mein Mann und ich hatten wenig Geld, mussten viel arbeiten und haben drei Kinder großgezogen. Dieses Haus haben wir gebaut, und die Kinder haben alle drei studiert. Und das alles war nur mit viel Arbeit zu schaffen. Mein Mann ist gestorben, als er 86 Jahr alt war."
Neben der Großmutter sitzt Nikolas – der Onkel. Er erinnert sich gern zurück an die Sowjetzeit:

Sohn: "Ich bin arbeitslos, Landwirtschaft zum Überleben"

"Das Leben in der Kommunistischen Zeit in Georgien war viel besser. Die Menschen hatten Arbeit, waren irgendwo beschäftigt. Heutzutage ist das nicht mehr so. Die Menschen sind entweder selbstständig oder müssen sich selbst um eine Arbeit kümmern, da die Regierung nicht so viele Arbeitsplätze schafft. Ich war für die Trinkwasserleitungen hier im Dorf zuständig und später habe ich für die Kolchose gearbeitet, aber nur sechs Jahre, weil dann alles zu Bruch gegangen ist. Nach der Unabhängigkeit habe ich als Metzger gearbeitet. Ich habe im Dorf Schafe gekauft, geschlachtet und das Fleisch auf dem Markt in Bordschomi verkauft. Seitdem der Markt geschlossen ist, bin ich arbeitslos. Um zu leben, betreiben wir für uns Landwirtschaft. Und wir züchten Vieh, Schafe, und verkaufen sie auch manchmal. Zuerst haben wir geglaubt, was Saakaschwili 2003 alles versprochen hat. Aber inzwischen wissen wir, dass die Politiker nicht das erfüllen, was sie versprechen."
Ich möchte wissen, wie der Onkel seine Frau kennengelernt hat. Er lacht, schaut zu Nanuka. Die ermuntert ihn zu erzählen.
"Ich habe meine Frau 1983 auf der Straße kennengelernt. Nach drei Tagen habe ich sie entführt. Ich habe ein Auto gehabt. Sie wollte irgendwohin fahren, da habe ich gesagt, kein Problem, ich fahre dich hin. Aber dann habe ich nicht mehr angehalten, und bin mit ihr zu meiner Schwester gefahren. Ich habe sie am gleichen Tag wieder zurückgebracht. Sie hatte keine Eltern mehr und ist bei der Großmutter aufgewachsen. Es gab dann längere Verhandlungen bis sie Ja gesagt hat. Und dann haben wir offiziell geheiratet. Und jetzt leben wir seit 33 Jahren zusammen."

Enkel: "Es gibt keine Arbeitsplätze, ich möchte leben wie früher"

Seine Frau steht im Türrahmen mit einem ihrer Enkel auf dem Arm und schmunzelt. Sagt dann, so Zurab, jetzt bist du dran. Ich bin gespannt, was Du erzählen wirst – als neue Generation in Georgien. Ich hatte eine gute Kindheit. Die Eltern haben gearbeitet, und ich habe nur gegessen, scherzt der 26-jährige Zurab. Dann erzählt er seine Erinnerungen, als er zur Schule kam.
"Es gab Familien, die sehr wenig Geld hatten. Es gab Kinder, die am ersten Schultag nicht in der Schule erschienen sind, weil sie keine Schuhe hatten, nichts Anständiges anzuziehen und keine Schulsachen. Solche Probleme gab es bei uns in der Familie nicht, weil damals auch noch mein Opa lebte, der gearbeitet hat und mein Vater auch. Nachdem ich die Schule abgeschlossen hatte, fing ich an zu studieren. Im gleichen Jahr hatte mein Vater einen Unfall. Er hat einen Baum gefällt und ist unter den fallenden Baum geraten. Danach lag er lange im Krankenhaus.
Da musste ich mein Studium abbrechen und mich um meinen Vater kümmern und der Familie helfen. Bis heute bin ich zuhause. Einen Job habe ich nicht. Ich würde alles machen. Als Fahrer arbeiten oder in der Fabrik. Aber es gibt ja keine Arbeitsplätze. Es geht mir dabei nicht darum, viel Geld zu verdienen. Ich möchte das Leben hier so erleben, wie es die anderen Generationen auch erlebt haben. Die erzählen, dass sie alle gearbeitet haben, und dass es sogar strafbar war in der Kommunistischen Zeit, wenn man nicht gearbeitet hat. Ich wünsche mir, dass es wieder so kommt, dass man Geld verdient, genug zu essen und zu trinken hat."

Gründung von "Georgischer Traum"

"Und dann kam eines Tages plötzlich ein Mann auf die politische Bühne, der Bidsina Iwanischwili heißt, ein sehr reicher Mann, und der in einem offenen Brief Ende 2011 angekündigt hat, in die Politik kommen zu wollen, alle Oppositionskräfte vereinigen zu wollen und Saakaschwilis Regime zu stürzen. 2012 hat er bereits eine eigene Partei gegründet und eine Koalition aus sechs Parteien. Zu diesen sechs Parteien gehörten auch die Freien Demokraten, die Partei, die ich vertrete."
Maia Panjikidse treffe ich im Haus der Schriftsteller in Tiflis. Eine alte restaurierte Villa im Stadtteil Sololaki, in dem früher die begüterten Georgier lebten.
Ehemalige Außenministerin Maia Panjikidse mit Brille, braunen Haaren und freundlichem Lächeln.
Georgiens ehemalige Außenministerin Maia Panjikidse.© Volker Dittrich
Maia Panjikidse war Botschafterin Georgiens in Deutschland und in den Niederlanden. Im Parteienbündnis "Georgischer Traum« war sie von 2011 bis 2013 Außenministerin, bis ihre Partei das Bündnis und die Regierung wegen politischer Differenzen verließ. Maia Panjikidse erzählt vom Ende der Präsidentschaft Micheil Saakaschwilis 2013. Die Opposition war zersplittert. Die Proteste in der Bevölkerung nahmen zu. Saakaschwili habe sich nach und nach von einem demokratischen zu einem autokratischen Führer entwickelt.
"Es genügt zu erwähnen, dass Georgien die Nummer eins in Europa war, was die Zahl der inhaftierten Menschen anbetrifft. Das bedeutete, jeder zweite hatte jemanden in der Familie, der sich im Knast befand. Und es gab auch sehr viele, die auf Bewährung frei waren. Praktisch war das ganze Land als Geisel genommen. Und alle hatten Angst. Also die Lauschangriffe, Einmischung in die Privatsphäre, Einmischung in die Geschäfte der Geschäftsleute und so weiter. Das war alles Alltäglichkeit."

EU-Annäherung als Ziel für Geogrien

Das Sechs-Parteien-Bündnis hatte trotz großer Differenzen ein gemeinsames Programm entwickelt und eine Deklaration mit den wichtigsten Versprechungen der Koalition unterschrieben. Dazu gehörten: transparente Regierungsentscheidungen, Kontrolle des Innenministeriums, kein politischer Druck mehr für die Staatsanwaltschaft, eine Reform des Gerichtssystems, die Achtung der Menschenrechte und keiner sollte um sein Unternehmen fürchten müssen, weil korrupte Beamte illegale Abgaben von ihnen erzwangen.
"Und wir haben uns auch darauf geeinigt, dass wir europäische und euro-atlantische Integration als außenpolitische Ziele unseres Landes definieren, hinter diesen Zielen stehen werden, und dass wir alles tun werden, um diese Ziele zu erreichen. Das war einer der wichtigsten Wegweiser."
In die zweijährige Amtszeit von Maia Panjikidze als Außenministerin Georgiens fällt der Abschluss des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union. Und die Visa-Liberalisierung, die sie mit auf den Weg gebracht hat. Seit März 2017 können Georgier ohne Visum für drei Monate in die EU einreisen. Ein wichtiger Schritt und ein Signal, das besonders den jungen Georgiern zeigt, dass der Westen sie nicht links liegen lässt und sie nicht aus der europäischen Gemeinschaft ausschließen möchte. Langfristig soll Georgien auch EU-Mitglied werden. Nun folgt im nächsten Jahr erstmal der Aufritt als Gastland bei der Frankfurter Buchmesse.

Weltliteratur und Tiflis vereint

Dann wird auch Abo Iaschaghaschwili dabei sein. Der Schriftsteller hat sein georgisches Europa in seinem mehrbändigen Romanzyklus über Tiflis zum Ende des 19. Jahrhunderts gefunden. Seine Jugend hat der Autor in der rechtlosen Zeit Georgiens kurz nach der Unabhängigkeit des Landes verbracht, in der die Wirtschaft zusammenbrach, es kaum Strom und Gas gab, und viele seiner Freunde Heroin nahmen, das plötzlich in Georgiern leicht zu haben war. Abo hat sich in die Literatur geflüchtet und sich von Hugo von Hofmannsthal, Rudyard Kipling und Alexander Dumas inspirieren lassen, hat Hermann Hesses »Steppenwolf« und Franz Kafkas »Prozess« gelesen und darüber diskutiert.
"Ich wollte diese Weltliteratur und Tiflis miteinander vereinigen. Das ist das wichtigste Ziel für mich gewesen. … Ich wollte das irgendwie zusammenfügen. Ich wollte einfach ein positives Buch schreiben. Ich denke, dass die Bücher dann etwas wert sind, wenn sie den Menschen Kraft geben. Wenn sie den Menschen eine Perspektive geben, etwas Freude. Man muss Kraft und positive Gefühle bekommen, um damit im Leben weiterzuziehen, um Schwierigkeiten zu beseitigen. Das ist das Wichtigste in der Literatur."
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