G.Rag & Die Landlergschwister

Blasmusik-Pop auf dem Oktoberfest

G.Rag & Die Landlergschwister am Chiemsee
G.Rag & Die Landlergschwister am Chiemsee © Gutfeeling Records / Andreas Staebler
Von Andi Hörmann · 17.09.2015
Pünktlich zum Oktoberfest ist "Schwung" erschienen, das neue Album der Münchner Blaskapelle G.Rag & Die Landlergschwister. Wie gewohnt, kommen die Stücke roh und unverstärkt daher - eine Gaudi für alle Freunde gepflegter Blasmusik.
Akustisch ist das Oktoberfest ein regelrechter Wall of Sound, eine fette Geräuschkulisse aus rot, gelb, blau blitzenden Fahrgeschäften und einem bierselig torkelndem Partyvolk - aufgebrezelt in Dirndl-und-Lederhosen.
Die Wiesn, wie der Münchner das Oktoberfest nennt, ist ein Touristenmagnet, ein Melting Pot der Volkstümelei. Es gibt aber noch die andere Seite des Bierdeckels - die historische, die Oide Wiesn.
Ein kleines umzäuntes Areal abseits von Ballermann-Saufkultur im Trachten-Wahn mit nur zwei Bierzelten. Hier sind sie eine der gefeiertsten Kapellen, Die Landlergschwister mit ihrem Bandleader G.Rag:
Megafon: "Check! One, two. Ja, hallo. Mein Name ist Andreas Staebler oder auch als G.Rag bekannt. Hier kommen G.Rag und die Landlergschwister mit ihrem Villstaler, ein Zwiefacher."
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Villstaler"
"Ich komme eigentlich eher aus dem Punkrock und so 1990er-Jahre-Hardcore-Lärm-Musik."
Aus Polka wird da schon mal Punk
Moment! Zwiefacher und Blasmusik, Punkrock und Hardcore-Lärm. Da krachen doch Welten aufeinander. Aber es funktioniert! Auf der neuen Platte des 14-köpfigen Kapellen-Kollektivs G.Rag & Die Landlergschwister sind diese Extreme hörbar: Aus einer Polka wird da schon mal Punk.
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Fischerpolka"
"Also in dem Album sind auch New-Orleans-Einflüsse, Indie-Songwriting vielleicht eine Nummer, Hank Williams ist immer ein großes Thema bei den Landlergschwistern. Ja, und die Roots halt: Bayerische Blasmusik."
Traditionell bayerische Volksmusik aus Blechblasinstrumenten nennt Andreas Staebler ganz lässig "Roots", also die Wurzeln seiner Musik. Klar, G.Rag & Die Landlergschwister sind ja auch in München zuhause. Unweit vom Sendlinger Tor, in einer kleinen Seitenstraße, betreibt Andreas Staebler seit 2003 den winzigen Plattenladen "Gutfeeling".
"Im Prinzip habe ich hauptsächlich Vinyl. Von lateinamerikanischer Musik, Jazz, Punk, Wave, 60ies, Garage, Folk, Country-Musik."
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Liquidator"
Aus der Zeit gefallene Musik-Reliquien
Was in Andreas Staeblers Plattenladen so in den Regalen stehen, findet sich dann auch als Einfluss in seiner Musik. In einer Glasvitrine hinter der Ladentheke liegen aus der Zeit gefallene Musikreliquien: eine verbeulte Trompete, alte Mikrofone. Fehlt nur noch das für seine Musik so typische Megafon.
"Ich habe glaube ich schon eins da. Ich weiß bloß nicht, ob es geht. Ich habe recht viele, weil immer alle kaputt gehen."
Atmo / Megafon: "Check. One. Two. Hallo, hallo. Das tut leicht anzerren, aber hat eigentlich einen ganz guten Sound. Sehr bassig auch. Man kann auch noch lauter machen, dann verzerrt es noch mehr."
"Das ist nicht so gut, weil es ein bisschen kleiner ist. Die anderen haben einen größeren Klangkörper vorne, das Horn ist größer, dadurch ist es halt noch lauter und druckvoller."
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Diamant"
Und den Druck in der Lautstärke braucht Andreas Staebler dann auch, wenn er als G.Rag mit seinem Megafon gegen die Wucht der Blasinstrument ansingen möchte - vor allem im Bierzelt, auf dem Oktoberfest. Auf der historischen, Oiden Wiesn, sind G.Rag & Die Landlergschwister im Herzkasperlzelt mit fünf Auftritten die am meisten gebuchte Kapelle.
"Ja, weil wir so gut sind, weil wir so einen unglaublichen Spaß beim Spielen haben und weil das auch so positive Schwingungen verbreitet im Bierzelt. Aber wie das genau kommt?"
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Diamant"
Renaissance der Blas-Musik auch bei Nicht-Traditionalisten
"Es ist glaube ich der Spaß, der die Leute fasziniert. Wenn man eine Band sieht, die wirklich Spaß auf der Bühne hat, oder wirklich was Eigenes erschafft, gepaart mit Spaß, dann ist das einfach was Tolles. Ich glaube viel mehr kann ich das gar nicht erklären, warum das die Leute so fasziniert. Man selber macht sich ja gar nicht so Gedanken drüber, weil man macht ja nicht so eine Musik, damit das möglichst gut bei den Leuten ankommt. Vielleicht unterscheidet uns das auch von ein paar anderen Kapellen."
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Der Räuber & Der Prinz"
Irgendwie ist es ein Underground-Phänomen, was G.Rag & Die Landlergschwister auf dem Oktoberfest auf die große Bühne bringen, wenn ein paar Tausend Besucher diese Kapelle feiert, die keine Dirndl & Lederhosen braucht, kein Loblied auf den Heimat-Sound anstimmt, kein Glanz und Gloria der Volksmusik zelebriert. Blasmusik erfährt so auch bei Nicht-Traditionalisten eine Art Renaissance, wenn sie mit Konventionen bricht und sich neue Kontexte erspielt. Denn die Landlergschwister sind eine Blaskapelle mit Pop-Appeal - bestechende Coverversionen inklusive. Von Kraftwerk "Das Model" bis Caribou "Odessa". Ihr Wiesn-Hit 2014 war "Der Räuber & Der Prinz" von DAF.
"Die Original-Melodie wird halt auf Klarinetten und Trompeten verteilt. Ich glaube im Original ist es eher so ein Glockenspiel, das bei DAF die Melodie spielt. Das haben die Klarinetten, später greifen das Thema ein bisschen abgewandelt die Trompeten auf. Viel mehr ist es nicht. Das ist eine Techno-Nummer. Also kein Harmonie-Wechsel, gar nichts, das bleibt immer auf einem Akkord."
Musik: G.Rag & Die Landlergschwister "Prosit"
Bis zu vier Stunden sind sie im Bierzelt auf der Bühne. Das obligatorische "Ein Prosit der Gemütlichkeit" darf dabei nicht fehlen. Selten hat man das so herrlich besoffen gehört wie bei G.Rag & Die Landlergschwister - die Kapelle stemmt den Maßkrug und trinkt natürlich kräftig mit. So viel Bier und dann noch musizieren?
"Ja, das geht schon. Da muss man halt immer viel Zwischen-Wasser trinken."
"Über das Megafon fällt es nicht so auf, wenn du einen sitzen hast."
"Ach so, ja. Aber die meisten im Zelt haben mehr einen sitzen als die Kapelle. Aber kein Problem. Wir sind alle Profis."
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