Fußball-Bundesliga

Der Flüster-Dolmetscher

Jumpei Yamamori ( Nürnberg ), links - Nuri Sahin ( Dortmund ), rechts
Jumpei Yamamori bei einem Bundesliga-Spiel: "Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Dolmetscher mit den Spielern trainiert." © Revierfoto/ dpa picture-alliance
Von Jürgen Hanefeld · 16.08.2015
Es ist ein einzigartiger Beruf, den Jumpei Yamamori ausübt: Flüster-Dolmetscher in der Bundesliga. Er sorgt für die Verständigung zwischen japanischen Fußballern und ihren Trainern und Kollegen.
Jumpei Yamamori ist ein bescheidener Mann. Eigentlich gibt er keine Interviews, eigentlich ist er unsichtbar, nur der Schatten der Stars:
"Dafür muss ich sozusagen immer auf der Höhe sein. So dass ich in den ersten Tagen und Wochen immer gut mit trainieren konnte, weil ich ständig auf der Höhe des Spielers, an der Seiten-Aus-Linie, ständig hin und her gerannt bin, dass ich immer sofort dann bei Bedarf auf den Platz gerannt bin und dem Spieler flüster-gedolmetscht habe."
Flüster-Dolmetschen, so nennt der der 37-Jährige seine Tätigkeit, in der es darum geht, zwischen japanischen Bundesliga-Spielern und ihren Trainern und Kollegen zu übersetzen. Und wie sind die so?
"Bei dem ersten Spieler, bei Takahara, da war ich wirklich auch noch ratlos, wie ich mit einem solchen Spieler, der war damals auch noch Torschützenkönig, zwei Meisterschaften gerade hinter sich gehabt, da hatte ich schon fast Berührungsängste, wie ich den ansprechen darf oder nicht oder so, aber eigentlich habe ich dann sehr schnell gemerkt, dass die Jungs ganz normale Jungs sind."
Jumpei Yamamori hat bis heute keine Konkurrenz
Mit Naohiro Takaharas Wechsel zum HSV begann 2003 Yamamoris Karriere, denn der Verein brauchte einen hellen Kopf, der Deutsch und Japanisch gleichermaßen schnell, korrekt und freundlich übersetzen konnte. Der Sohn japanischer Eltern, der in Hamburg aufgewachsen ist, füllte diese Marktlücke ideal - und bis heute konkurrenzlos. Ob auf Schalke oder in Nürnberg, ob in Frankfurt, Wolfsburg oder Dortmund, wo immer japanische Spitzenspieler im Einsatz sind, ist Jumpei Yamamori nicht weit. Wie fühlt man sich unter Millionären?
"Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Dolmetscher mit den Spielern trainiert und duscht oder sonst was. Da kann man schon von Sonderstatus sprechen."
Zu diesem Sonderstatus gehören vielfältige Aufgaben - vom Übersetzen bei Pressekonferenzen bis zu Behördengängen für die Spieler, die ja kein deutsches Formular ausfüllen können. Yamamori begleitet die Neuankömmlinge auch in den Supermarkt und klärt sie über deutsche Eigenheiten auf:
"Wie zum Beispiel hier Müll getrennt wird, oder andere banale Sachen wie Pfandflaschen, das ist in Japan ja auch noch nicht so weit verbreitet. Ganz wichtig, das lege ich denen gleich am ersten Tag nahe, am Zebrastreifen unbedingt anhalten! Das ist in Japan nicht unbedingt üblich, das muss man in Deutschland unbedingt einhalten."
Was japanische Spieler in Deutschland vermissen, ist weniger die japanische Küche, erzählt der Flüster-Dolmetscher, denn dafür können sie sich einen japanischen Koch leisten.
Unbekannte Technik: der Wasserkocher
Es sind eher die vollautomatischen Toiletten mit Fön und Bidetfunktion, die in Japan üblich sind, man in Deutschland aber nicht kennt. Umgekehrt hatte Yamamori große Mühe, einen japanischen Fußballstar zu überzeugen, dass Wasserkocher kein Teufelszeug sind:
"Ein Spieler, der gerne Tee trinkt, hatte dann eine Bratpfanne genommen, um Wasser zu kochen. Da habe ich ihm dann nahegelegt: Es gibt hier in Deutschland eine Supererfindung, den Wasserkocher, schaff dir das doch an, das geht viel einfach und schneller, aber er hatte tatsächlich Berührungsängste damit. Ein Gerät, der er gar nicht kannte, das wollte er auch nicht anfassen. Und er hat dann noch mehrere Monate lang mit der Bratpfanne seinen Tee gekocht."
Zwölf Jahre arbeitet Jumpei Yamamori jetzt in der Bundesliga. Ungewöhnlich für einen Mann, der in seiner Jugend niemals etwas mit Fußball zu tun hatte. Aber das hat sich grundlegend geändert:
"Ich glaube, das geht auch gar nicht anders. Gerade wenn man jetzt mit einer Mannschaft wie Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp zwei Meisterschaften und einen Pokal gewinnt - und davor übrigens auch in Wolfsburg unter Magath hab' ich auch noch den Pokal ... also mitgemacht, die Saison mitgemacht - wenn man wirklich so nah dran ist und hinter die Kulissen schauen darf, mit dem Mannschaftsbus mitfahren darf und so weiter und so fort ... auf jeden Fall ist das 'ne Erfahrung, die man sich nicht einfach wünschen kann, die dann in Erfüllung geht, das ist schon was ganz Besonderes. Und da bin ich auch sehr glücklich und sehr dankbar denjenigen gegenüber die mir überhaupt diese Möglichkeit gegeben haben, so lange mitmachen zu dürfen."
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