Framing von Gewalttaten

Wie Sprache unser Denken lenkt

Schwer bewaffnete Polizisten in Dallas.
Massaker, Amoklauf, Terror? Die Wörter lenken unser Denken. © EPA/ Ralph Lauer
Ekkehard Felder im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 06.11.2017
Schießerei, Massaker oder Amoklauf? Wie die Medien die Gewalttat von Texas bezeichnen, entscheidet darüber, wie wir sie sehen. Der Linguist Ekkehard Felder erklärt, warum Sprache nicht neutral ist.
Deutsche Medien bezeichneten die Gewalttat von Texas häufig als "Schießerei". "Das ist nicht passend", sagt Ekkehard Felder, Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg.
"Schießerei verbinden wir stark vielleicht mit Western, wenn wir zur älteren Generation gehören. Schießerei hat etwas Willkürliches, in dem Fall auch etwas Verharmlosendes."

"Massaker" ist für die Gewalttat von Texas passender

Andere, neutralere Wörter wie Massaker seien passender. Felder stellt die Begriffe Massaker, Terror und Amoklauf nebeneinander:
"Massaker ist erstmal unspezifisch und meint größeres Blutbad, ein Gemetzel. Wir wissen noch nichts von den Motiven. Wenn wir allerdings von einer gezielten, geplanten Tat ausgehen, also von etwas Systemischem, dann wird häufig der Terrorbegriff verwendet. Da stehen dann politische oder religiöse Motive im Hintergrund. Amoklauf kommt vom Malaiischen "blindwütig, wahllos". Da sind es dann.. Wir haben oft persönliche, krankhafte Gründe, eine heftige Gemütserregung ist dabei. Auf jeden Fall fehlt das Gezielte, das Geplante, das ideologisch Instrumentalisierende. Amoklauf fokussiert das Individuelle, den Einzeltäter."
Sprache sei nicht neutral, sagt Felder. "Wir haben verschiedene Interessenslagen und das müssen wir transparent machen. Wenn Präsident Trump jetzt von einem kranken Einzeltäter spricht, ist das schon deshalb angezeigt, weil er wahrscheinlich die Waffengesetze nicht ändern will. Dass heißt er muss darauf bedacht sein, im Erstzugriff die entsprechenden Wörter zu verwenden. Andere, die Waffengesetze verschärft oder verändert sehen wollen, werden andere Ausdrücke wählen."

Medien müssen bedenken, dass Sprache das Denken lenkt

Sprache lenke unser Denken. "Nur das, was wir über die Wörter hören, können wir uns dann grob vorstellen. Wenn wir allerdings verschiedene allerdings verschiedene Formulierungen zum gleichen Sachverhalt haben, dann können wir uns ein breiteres Bild von dem Ganzen machen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Das ist letztlich auch der große Auftrag an die Medien, dass wir eine sehr breite Berichterstattung haben." (sel)
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