Frage des Tages

Reicht der Hass schon bis in den Konzertsaal?

Die Wolgograder Philharmoniker mit dem russischen Dirigent Edward Serov während eines Konzerts in der Kölner Philharmonie.
Die Kölner Philharmonie beim Konzert eines anderen Orchesters. © picture alliance / dpa / Hermann Wöstmann
Rainer Pöllmann im Gespräch mit Gesa Ufer · 02.03.2016
Das Konzert am vergangenen Sonntag in der Kölner Philharmonie wird der iranische Cembalo-Spieler Mahan Esfahani nicht vergessen. Zuschauer forderten, er solle Deutsch sprechen. Später sorgten Zwischenrufe für den Abbruch eines Musikstückes.
So etwas hat es schon lange nicht mehr bei einem klassischen Konzert gegeben: Wegen Zwischenrufen hat der iranische Cembalo-Spieler Mahan Esfahani am Sonntag sein Konzert in der Kölner Philharmonie unterbrochen.
Es begann damit, dass der Musiker in das Konzert auf Englisch einführte. Die Zuhörer forderten, der Musiker solle Deutsch sprechen. Der Musikredakteur Rainer Pöllmann wertet die störenden Zwischenrufe als "unkonventionelles Verhalten".

"Man kann das über sich ergehen lassen"

Möglicherweise hat einigen Zuschauern das moderne Stück des Minimal-Musikers Steve Reich nicht gefallen, das von Esfahani und dabei begleitet von einem Computer gespielt wurde. Die Komposition sei nicht besonders verstörend und die Einbeziehung eines Computers "ein völlig gängiges Verfahren in Neuer Musik".
Pöllmann kritisiert das Verhalten des Publikums. "Man kann das über sich ergehen lassen", sagt er. Auch Buh-Rufe nach dem Konzert wären zu vertreten, aber keine Störung während der Aufführung.
Bevor er wegen der Buh-Rufe und anderer Störungen von der Bühne ging, fragte der Musiker noch in einer kurzen ergreifenden Rede nach den Gründen der Ablehnung und der Angst. Rainer Pöllmann will den Zuschauern nicht allgemein Ausländerfeindlichkeit vorwerfen. Trotzdem kann er sich solch störende Reaktionen in der kommenden Woche auf die Konzerte des amerikanischen Dirigenten James Gaffigan oder der kanadischen Sopranistin Barbara Hannigan in der Kölner Philharmonie nicht vorstellen - auch dann nicht, wenn sie auf Englisch sprechen. Es sei bemerkenswert, dass das Publikum ausgerechnet bei einem Iraner so reagiert habe.
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