Folkrevival in Rhode Island

Von Michael Kleff · 11.07.2009
Für viele heute bekannte Künstler war das Newport Folkfestival ein Sprungbrett für die Karriere. Darunter Pete Seeger, Joan Baez und Bob Dylan. Und Arlo Guthrie geißelte dort in den 60er-Jahren mit seinem Song "Alice's Restaurant" den Vietnamkrieg. Das erste Newport Folkfestival fand heute vor 50 Jahren, am 11. Juli 1959 statt.
"Ich erinnere mich an Joan Baez, die damals ihre ersten Schritte in der Folkszene machte. Sie stand die ganze Zeit am Bühneneingang, damit ihr ja kein Künstler entgeht."
Erzählt George Wein. Er organisierte das erste Folkfestival in Newport, Rhode Island, das am 11. und 12. Juli 1959 stattfand. An diesem Wochenende trat die gerade 18 Jahre alte Joan Baez zum ersten Mal vor einem großen Publikum auf.

Die Idee für ein nationales Festival hatte unter anderem Pete Seeger, der heute 90 Jahre alte Vater des amerikanischen Folkrevivals. Mit Eisenhower regierte damals ein Konservativer im Weißen Haus und es war die Hochzeit des Kalten Kriegs. Bob Dylan und Joan Baez machten wie andere Musiker Newport im Laufe der Jahre zur Bühne im Kampf für die Bürgerrechte und gegen den Vietnamkrieg.

Joan Baez möchte die Newport-Geschichte allerdings nicht auf die politischen Lieder reduziert wissen.

"Es war die Zeit, die wirklich politisch war. Auch als der Vietnamkrieg tobte, gab es Banjopicker und Fiddlespieler aus den Bergen, die ganz und gar nicht politisch dachten. Wir verbinden mit den 60er-Jahren immer nur Politik. Da waren natürlich Bob Dylan und "Blowin' In The Wind". Das ist es, woran wir uns erinnern."
Neben traditioneller Countrymusik aus den Appalachen oder weithin unbekannten Cajunklängen aus Louisiana, brachten die Festivalorganisatoren auch fast vergessene Bluesstars nach Newport - wie den legendären Mississippi John Hurt, an dessen Auftritt 1963 sich der vor einigen Jahren verstorbene Musiker und Buchautor Eric von Schmidt erinnert.

"In den 40-ern dachten wir, diese Leute sind alle längst tot. Und dann stand John Hurt 1963 auf der Bühne. Ich sprach ihn danach an - völlig begeistert: 'Mr. Hurt, Sie sind eines meiner Vorbilder. Ich habe ein Boot gebaut, das ich nach Ihnen benannt habe'. Er schaute mich an, seine Augen wurden noch größer, und er sagte: 'Oh, das ist nett'. Das war´s, Gott, er sagte nur 'Das ist nett'."

40.000 Menschen zog Newport 1963 an. 1965 waren es doppelt so viele. Sie wurden Zeugen einer folgenreichen Entwicklung in der Folkmusik, als Bob Dylan zum Ärger mancher Traditionalisten zur elektrisch verstärkten Gitarre griff. Es heißt, Pete Seeger soll nur mit Mühe davon abgehalten worden sein, ihn gewaltsam von der Bühne zu holen.

"Das wird verbreitet, weil ich zornig war, als Dylan mit der E-Gitarre kam. Doch nicht das war der Grund. Ich war sauer, weil ich bei der Lautstärke kein einziges Wort verstand. Die Soundleute meinten, das Publikum wolle das so. Da habe ich gesagt, 'Verdammt, wenn ich eine Axt hätte, würde ich das Kabel durchhacken.' Alle glaubten, ich würde die Musik nicht mögen. Dabei konnte ich den Text nur nicht verstehen."

1971 verbot die Stadt das Festival, weil bei einer anderen Veranstaltung alkoholisierte Jugendliche zu Hunderten die Eingangstore gestürmt und Stühle in Brand gesetzt hatten. Erst 1985 kam es zum Comeback - mit großen Namen wie Arlo Guthrie, Taj Mahal und Judy Collins. Doch das neue Newport unterscheidet sich seitdem von den Festivals der Anfangsjahre. Der verstorbene Bluesmusiker Dave van Ronk trauerte den Zeiten nach, wo neue Gesichter eine größere Rolle gespielt hatten.

"Ich erinnere mich an 1964. Vier weniger bekannte Leute traten in der Reihe New Folks auf. Ich war dabei und auch Jose Feliciano. Jeder hatte eine halbe Stunde Zeit. So konnte jeder seine Qualitäten zeigen."