Flüchtlingsdrama als Computerspiel

Ohne pädagogischen Zeigefinger

Flüchtlinge entsteigen einem Schlauchboot und gehen an Land.
Flüchtlinge auf der griechischen Insel Kos. Das Spiel "Cloud Chaser" möchte für die Situation von Menschen auf der Flucht sensibilisieren. © picture alliance/dpa/Yannis Kolesidis
Christian Schiffer im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 19.10.2015
Kann man, darf man ernste Themen wie den Überlebenskampf von Flüchtlingen in einem Computer-Game verarbeiten? Ja – und es funktioniere, sagt Fachjournalist Christian Schiffer, der das Spiel "Cloud Chasers" getestet hat.
Dieser Tage ist ein kleines sogenanntes Serious Game namens "Cloud Chasers" auf den Markt gekommen. Es greift die Flüchtlingsthematik auf und spielt die Flucht eines Vater mit seiner kleinen Tochter durch die Wüste nach. Kreiert hat das Spiel das Schweizer Gamelabel Blindflugstudios. "Cloud Chaser", so der Anbieter, solle Flüchtlingsschicksale nachfühlbar machen und besonders Jugendliche für das Thema sensibilisieren.
Flüchtlingsdrama als Daddel-Game, funktioniert das? Das Konzept könnte aufgehen, glaubt Christian Schiffer, Journalist und Chefredakteur des Münchner Fachmagazins für Gamekultur WASD.
"Ich glaube, es ist überfällig, dass Computerspiele solche Themen aufgreifen. Und ich kann mir vorstellen, dass es natürlich Leute gibt, die Interesse daran haben, einfach dieses Spiel auszuprobieren, die Mechanik auszuprobieren und damit auf das Thema Flüchtlinge dann aufmerksam werden. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es umgekehrt der Fall ist: Dass Leute nämlich sagen, ich interessiere mich für das Schicksal von Flüchtlingen - und ich will einfach mal sehen, wie das umgesetzt ist."
Wie eine gute Doku
Für sein Empfinden komme das Spiel auch gut ohne pädagogischen Zeigefinger aus: Es sei ein fiktives Szenario und es werde nicht die reale Situation syrischer Flüchtlinge dargestellt. Er habe das Spiel selbst gespielt.
"Und ich muss sagen: Es unterhält. Es ist jetzt nicht so, dass man Spaß hat, in dem Sinne, dass man da lachend auf dem Boden sitzt, sondern es unterhält, ähnlich wie eben eine gute Dokumentation über die Austrocknung des Aralsees oder eben über die Flüchtlingsthematik ja auch fasziniert. Aber nicht dadurch, dass sie Spaß macht wie ein Actionfilm, sondern weil es einfach Einblicke gibt in andere Lebenswelten. Weil wir vielleicht auch was lernen, das uns interessiert, weil es etwas in uns auslöst."

"Cloud Chasers" von Blindflugstudios, http://cloudchasersgame.com
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