Finnland

Flüchtlinge am Polarkreis

Polarlichter in Finnland
Polarlichter in Finnland © imago/Westend61
Von Björn Dake · 21.12.2015
Es ist lange dunkel, kalt und nur dünn besiedelt: Auch wenn das Einleben im finnischen Norden nicht ganz einfach ist – für viele Einwanderer aus Afghanistan, dem Irak oder Bangladesch ist Lappland ein neues Zuhause geworden.
Die Straßen sind verschneit. Der Atem gefriert. Es ist minus elf Grad. Tageshöchsttemperatur in Rovaniemi im Norden Finnlands. Es ist Mittag. Am Horizont geht gerade die Sonne unter. Etwa zweieinhalb Stunden war es hell. Ich gehe in einen dreistöckigen Büroklotz. Linoleumboden, Neonlicht. Im ersten Stock steht die Tür offen. Hier ist Moninet zu Hause. Ein multikultureller Treffpunkt für Einwanderer und Flüchtlinge. Kata stellt sich auf Finnisch vor:
Gar nicht schlecht, sagt Lehrerin Tanja. Kata hat es aber auch leicht, Finnisch zu lernen. Sie kommt aus Ungarn. Die Sprachen sind ähnlich. Für Karim war die Umstellung schwieriger.
"Es läuft ganz gut, aber Finnisch zu lernen ist schon echt hart."
Der 19-Jährige kommt aus Afghanistan und hat im Iran gelebt. Er trägt eine dicke Daunenjacke, darunter einen schwarzen Kapuzenpulli. Über sein bisheriges Leben will er nicht ausführlich sprechen. Seine Eltern sind tot. Er ist allein nach Finnland geflohen. Seit knapp einem Jahr lebt er am Polarkreis.
"Es ist besser als zu Hause in Afghanistan, auch wenn es hier kalt und dunkel ist. Als Kind musste ich arbeiten und konnte nicht zur Schule. Hier kann ich etwas lernen, einen Job bekommen und über die Zukunft nachdenken."
Karim ist wichtig, einen Job zu bekommen. Was ist ihm eigentlich egal. Auch Walid will sich nach einer Arbeit umschauen. Aber erst mal muss er richtig Finnisch lernen. Die größte Umstellung war für ihn das Klima.
"Als ist hier ankam, war es schon hart. Ich komme aus Ägypten, aus der Sonne und jetzt Rovaniemi. Die Kälte und Dunkelheit waren am Anfang hart, aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt."
Für den Sohn war es am Anfang schwer
Das sagt auch Rifat aus Bangladesch, die zusammen mit ihrem Mann in den Norden Finnlands gekommen ist. Sie sitzt mit Kopftuch vor einem geschmückten Tannenbaum mit elektrischen Kerzen und erzählt mir von ihrem Start in der neuen Heimat. Für ihren kleinen Sohn war es am Anfang schwer.
"Er wollte mit anderen spielen. Aber auf dem Spielplatz hat ihn niemand verstanden. Er hat geweint und seinem Vater gesagt, er will wieder nach Hause. Aber nach ein paar Tagen hat er mit Anderen gespielt und jetzt hat er viele finnische Freunde."
Initiativen wie Moninet erleichtern das Ankommen für Einwanderer und Flüchtlinge. Mitarbeiter und Freiwillige helfen beim Papierkram mit den Behörden oder der Jobsuche, organisieren Sportgruppen oder Sprachkurse. Die bekommen sonst nämlich nur anerkannte Asylbewerber.
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Gruppenfoto mom Weihnachtsmanndorf © Björn Dake
Marja wohnt schon fast ihr ganzes Leben in Rovaniemi. Sie bringt jungen Müttern einmal die Woche Finnisch bei. Nicht alle ihre Landsleute heißen Neuankömmlinge so willkommen.
"Die Arbeitslosigkeit ist momentan ziemlich hoch. Manche Leute denken, warum haben die Flüchtlinge so teure Schuhe und Uhren? Die fragen sich schon: Warum sind die hier?"
Etwa 30.000 Flüchtlinge sind dieses Jahr nach Finnland gekommen. Die meisten bleiben in der Nähe der größeren Städte im Süden des Landes. Nach Lappland kommen nur Wenige.
"Es gibt nicht viele Menschen hier, es ist so ruhig, aber alle sind sehr freundlich. Es fühle mich richtig wohl hier."
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