Filmstart "About a Girl"

Lieber nicht erwachsen werden

Szene aus dem Film "About a Girl" mit Charleen (Jasna Fritzi Bauer) und Linus (Sandro Lohmann)
Szene aus dem Film "About a Girl" mit Charleen (Jasna Fritzi Bauer) und Linus (Sandro Lohmann) © IMBISSFILM
Von Patrick Wellinski · 03.08.2015
Der Jugendfilm "About a Girl" über eine lebensmüde 15-Jährige ist schon vor dem Kinostart mit Preisen ausgezeichnet worden. Was macht den Reiz aus? Vor allem sein ungewöhnliches Tempo und der rabenschwarze Wortwitz, meint unser Kritiker.
"Hey, na? Wie war das Wochenende?"
"Hell, dunkel, hell, dunkel, Montag."
"Wer redet denn mit dir? Zicke!"
"Angearscht!"
"Warum muss sich eigentlich alles verändern? Du wachst eines Morgens auf und hast plötzlich 1000 Probleme: Jungs, Pickel, Wirtschaftskrise."
Man hört es: Charleen ist 15. Ein Teenager mit den üblichen Teenagerproblemen. Sie wohnt bei ihrer alleinerziehenden Mutter. In der Schule eine Außenseiterin, ist sie dem Tod recht zugeneigt: Sie trägt Schwarz, im Kinderzimmer hängen Plakate von toten Musikstars wie Jimi Hendricks, Amy Winehouse oder Kurt Cobain. Selbst ihr Schulpraktikum macht das Mädchen bei einem Bestatter. Der Alltag ist für sie reine Belastung. Und so beschließt Charleen, sich umzubringen. Das geht natürlich schief. Sie muss zum Therapeuten:
"Du hast versucht, dich umzubringen."
"Ich weiß."
"Hältst du dich für was Besonderes?"
"Nein? Wieso?"
"Na ja, mit 15 kann man 'ne Menge Spaß haben. Aber du möchtest lieber tot sein. Findest du das normal?"
"Bin ich eben nicht normal!"
Ein Hang zum Sarkastischen
Den Erfolg seines Jugendfilms erklärt Regisseur Mark Monheim damit, dass in der Betrachtung des adoleszenten Gefühlschaos etwas Universelles steckt:
"Ich glaube, dass es in diesem Alter schon, ja, das Spiel mit dem morbiden und der Sehnsucht nach dem ganz großen Gefühl gibt. So die Abneigung gegen die Prioritäten der Erwachsenen, die so über das Finanzamt nachdenken, das scheint mir ganz typisch für Jugendliche zu sein, in dieser Phase. Und natürlich auch das Spiel mit der Reaktion der Erwachsenen."
Sein ungewöhnliches Tempo verdankt der Film vor allem den Dialogen. Gemeinsam mit Martin Rehbock hat Monheim ein sehr pointiertes Drehbuch verfasst. Der rabenschwarze Wortwitz mit einem leichten Hang zum Sarkastischen ist gerade im Bereich des deutschen Jugendfilms eher selten anzutreffen.
"Ich bin dann weg, okay?"
"Was ist denn mit dir los?"
"Ich wusste es. Meine Mutter sagt nicht einfach okay, tschüss. Nein, sie will natürlich ganz genau wissen. Also muss ich ihr gestehen, dass ich gar nicht mit Isa ins Kino gehe, sondern mit einem Jungen aus meiner Klasse. Und dann muss ihr sagen, dass ich mich mit Isa zerstritten habe. Und wenn ich dann schon so ehrlich bin, kann ich auch gleich sagen, dass überhaupt gar keine Lust habe ins Kino zu gehen, weil ich scheiße aussehe, und darum habe ich eine Papiertüte auf dem Kopf."
Überraschende Besetzung
Doch die wirkliche Überraschung des Films ist die Besetzung der heute 26 Jahre alten Jasna Fritzi Bauer als launische 15-Jährige. Die in Wiesbaden geborene Schweizerin ist eigentlich festes Ensemble-Mitglied am Wiener Burgtheater. Zu "About a Girl" kam sie ganz spät, als das Casting ins Stocken geriet. Regisseur Monheim lobt daher die Professionalität seiner Hauptdarstellerin:
"Jasna ist halt so: Sie lernt ordentlich ihren Text. Kommt dann ans Set uns schaut, was auf sie da zukommt. Und dann setzt sie ganz intuitiv und aus dem Bauch heraus das um, was sie dort vorfindet, also das Kostüm, den Raum, die Kollegen. Und darin liegt meiner Meinung nach ihre Stärke."
Ansonsten ist "About a Girl" ein erstaunlich konventioneller Jugendfilm geworden, der sich auch dadurch auszeichnet, dass er unsere Wirklichkeit ausblendet. Harmlos, könnte man sagen. Es gibt hier kein Internet, kein Mobbing, keine Drogen. Charleens Aufbegehren ist kein politisches Aufbegehren. Es richtet sich nicht gegen das Establishment. "About a Girl" soll das aber auch nicht sein. Regisseur Monheim hat seinen Film bewusst in einer Zwischenwelt angelegt:
"Es ist halt ein bisschen ein Märchen. Es ist ja nicht die Wirklichkeit. Es ist ja jetzt kein Film, der wirken soll, als würde das jetzt auf dem Schulhof passieren. Dazu braucht man natürlich auch echte Jugendliche. Ab er unser Film ist so ein bisschen erträumt. Und dann geht so was auch."
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