Filmproduktion per Mausklick

Von Gerd Brendel · 12.02.2012
Immer mehr Filme wurden in letzter Zeit von Internetnutzern mitfinanziert - so wie die Science-Fiction-Satire "Iron Sky", die gerade auf der Berlinale gezeigt wurde. Nach Ansicht des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola liegt im "Crowdfunding" die Zukunft des Filmemachens.
Der Nachspann von "Iron Sky" ist lang, sehr lang. .Zu den finalen Atombomben-Explosionen des dritten Weltkriegs läuft eine nicht enden wollende Liste von Koproduzenten und Unterstützern über die Leinwand. Sie alle haben dazu beigetragen, dass die aberwitzige Idee des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola über eine Nazi-Kolonie vom Mond, die die Welt erobern wollte, verfilmt werden konnte, mit Udo Kier in der Rolle des Obernazi-Bösewichts.

Kier: "Soll das ein Witz sein?"

Nein, kein Witz, wenn man wie Timo Vuorensola nicht nur die Idee zu einem Film hat, sondern auch eine Idee, wie man den Film finanzieren kann:

"Mich langweilt die Vorstellung vom Filmregisseur in seinem Luftschloss, weit weg von den Fans irgendwo tief unten. Ich fand es toll, mit den Leuten, die den Film sehen werden, direkt zu tun zu haben und sie irgendwie zu beteiligen."

"Crowdfunding" lautet das Zauberwort: "Crowd" - eine Menge von Leuten, die ein Projekt über das Internet unterstützen. Sechs Jahre lang sammelten Vuorensola und sein Team Geld und Unterstützung.

"Ich glaube, neben der Eitelkeit und dem Profit gibt es noch einen dritten Grund, bei 'Crowdfunding' mitzumachen: Teil eines echt coolen Films zu werden."

Und es funktionierte: 20 Prozent des 6,3-Millionen-Budgets kam über "Crowdfunding" und "Crowd-Investment" zusammen. Die 80 Prozent der finnisch-deutsch-australischen Produktion wurde über die üblichen Filmfördertöpfe finanziert.

Immer mehr Filmemacher entdecken das Internet als die Plattform, um abseits der üblichen Kanäle ihre Projekte zu verwirklichen.

Der Filmemacher Michael Stock zum Beispiel: Als die Förderanträge zu seinem Dokumentarfilm "Healing by sharing" über die Situation von HIV-Infizierten in Ostafrika abgelehnt wurde, besann er sich auf die Internet-Gemeinde. Jetzt wirbt er im Internet für die Ausrüstung seines Kamerateams auf dem Weg nach Afrika:

"Wir brauchen noch eine Steadycam, Ansteckmikrofone, und und und …"

Auch Karl-Martin Pold und Sarah Nörenberg hatten vor acht Jahren nichts in den Händen als die fixe Idee, einen Film über Bud Spencer zu drehen:

"Wir haben bei null angefangen, wir sind keine Filmproduzenten gewesen - das ist unser Debütfilm und von Anfang an war der Gedanke, wir wollen Bud Spencer ein Monument setzen, quasi, und können das ganze allein nicht finanzieren und sind auf die Community angewiesen."

Und die unterstützt das Team seit Jahren. Dafür gibt es T-Shirts, den ehrenvollen Titel "Koproduzent", wöchentliche Videoclips für die Fan-Gemeinde. Nur eins bekommen die Internet-Unterstützer nicht, egal ob sie sich als Bud Spencer Fan interviewen lassen, ob sie eine afrikataugliche Kamera schenken oder Geld in eine Trash-Nazi-Klamotte mit Kult-Potenzial investieren, in der Hoffnung auf Rendite: Mitspracherecht.

Vuorensola: "Vor allem muss man begreifen, dass 'Crowdfunding' nichts mit Demokratie zu tun hat. Als Regisseur bin ich der Diktator, der entscheidet, was in den Film reinkommt."

Womit Regisseure, die ihre Filme über "Crowdfunding" finanzieren, mitunter unabhängiger arbeiten als Kollegen in großen Hollywoodstudios: Gefallen muss Vuorensola niemandem, außer natürlich dem Publikum. Und das mochte "Iron Sky" auf der Berlinale sehr. Der Erfolg hat den Filmemacher bestätigt:

"Zusammenarbeit mit dem Publikum, 'Crowdfunding', 'Crowd-Finanzierung': Das ist die Zukunft des Filmemachens."

"Crowdfunding” - ein vielversprechendes Konzept für Filmemacher und ihr Publikum mit Lust auf Filme abseits des Mainstreams.