Filmmusik "Ironie des Schicksals"

Der Soundtrack der Sowjetunion

Der russisch-georgische Komponist Mikael Tariwerdijew.
Der russisch-georgische Komponist Mikael Tariwerdijew. © Earth Recordings
Uli Hufen im Gespräch mit Max Oppel · 28.11.2016
Die Verwechslungskomödie "Ironie des Schicksal" von 1975 wurde in der Sowjetunion auf Anhieb zum Klassiker. Noch heute läuft der Film jedes Silvester im russischen Fernsehen. Jetzt ist der Soundtrack erstmals im Westen veröffentlicht worden.
Am Freitag ist erstmals überhaupt im Westen der Soundtrack zur berühmtesten Komödie der sowjetischen Filmgeschichte, "Ironie des Schicksals", erschienen. "Ironie des Schicksals" lief Silvester 1975 erstmals im sowjetischen Fernsehen und wurde sofort zum Klassiker.
Von Anfang an habe der Film alle Rekorde gebrochen, so der Journalist und Kenner der russischen Popkultur, Uli Hufen, im Deutschlandradio Kultur. Angeblich sollen 100 Millionen Menschen die TV-Erstaufführung gesehen haben. Bis heute läuft "Ironie des Schicksals" jedes Jahr an Silvester im Fernsehen.
"Es ist eine Verwechslungskomödie, die beginnt mit einer Szenerie, die jedem sowjetischen Bürger dieser Zeit vertraut gewesen sein könnte", sagt Hufen.
"Und zwar ist da ein Mann an Silvester, der geht mit seinen Freunden in die Sauna, die trinken dort natürlich auch was."
Betrunken wie er ist, wird er von seinen Freunden ins Flugzeug nach Leningrad gesetzt, erwacht dort im Bewusstsein, noch immer in Moskau zu sein, gibt dem Taxifahrer seine Straße und Hausnummer und landet in einem Leningrader Neubau, der seinem Moskauer Wohnhaus fast vollkommen gleicht, selbst der Schlüssel passt.
"Er geht dort rein, legt sich hin, schläft erstmal ein, und dann kommt irgendwann die Wohnungsbesitzerin, und dann nimmt das ganze Verwirrspiel seinen Lauf."

Alla Pugatschowa - die Madonna der Sowjetunion

Der Film machte Alla Pugatschowa, die in dem Film einige Lieder singt, zum Superstar und zementierte den ohnehin schon gottgleichen Status des Komponisten Mikael Tariwerdijew in der Sowjetunion. "Die Traurigkeit, die Sehnsucht – das ist schon etwas ganz Besonderes", sagt Hufen.
Die russische Sängerin Alla Pugatschowa
Die russische Sängerin Alla Pugatschowa© imago stock&people
"Alla Pugatschowa war damals noch ganz am Anfang ihrer Karriere, sie ist ja nachher zu so etwas wie eine – ich weiß nicht, wie man das vergleichen soll – Madonna des sowjetischen Pop geworden, hat Hunderte von Millionen von Schallplatten verkauft."
Dass der Soundtrack erst jetzt bei uns veröffentlicht wurde, liegt, so Lufen, an der Sprachbarriere und der "Dämlichkeit der sowjetischen Kulturbürokratie", aber auch am Desinteresse des Westens:
"Wir haben die Welt uns gerne so eingeteilt, dass auf der einen Seite die langweilige, systemkonforme, graue Blödkunst ist und auf der anderen Seite mutige Dissidenten, die das Land mit Wucht und frontal angreifen. Und in Wahrheit ist natürlich viel in Zwischenebenen passiert."
Denn natürlich waren in "Ironie des Schicksals" viele Spitzen und reichlich Ironie untergebracht, etwa Spott über den wohnungsbaupolitischen Einheitsbrei, dass also jede Neubauwohnung fast bis aufs Haar den anderen Neubauwohnungen glich, egal in welcher Stadt der Block hochgezogen wurde.
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