Filmkritik Birds of Prey

Emanzipation mit dem Holzhammer

09:47 Minuten
Margot Robbie im Film "Birds of Prey".
Eine Frau schlägt sich durch eine harte Männerwelt: Margot Robbie als Harley Quinn in "Birds of Prey". © picture alliance / Everett Collection / Warner Bros
Von Lukas Gedziorowski · 06.02.2020
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Superheldinnen liegen im Trend: Nach Wonder Woman und Captain Marvel gibt es mit "Birds of Prey" den ersten Film um ein reines Frauenensemble. Im Mittelpunkt steht die Emanzipation, vor allem der Hauptfigur Harley Quinn. Subtil ist anders.
Superhelden, das sind längst nicht nur Batman und Superman, mittlerweile bekommen auch weniger bekannte Comic-Charaktere eigene Filme und auch Superschurken – und das mit Erfolg. Im Jahr 2016 kam "Suicide Squad" heraus, ein Film über ein Team ehemaliger Schurken, die zu Antihelden werden, darunter der Joker und seine Freundin Harley Quinn. Der Film wurde von der Kritik weitgehend verrissen, war aber ein Kassenerfolg. Jetzt gibt es einen neuen Film um Harley Quinn, "Birds of Prey", und darin bekommt sie Verstärkung von Frauen. Damit wird der Trend fortgesetzt: dass Kinosuperhelden auch zunehmend weiblich sind. Wonder Woman und Captain Marvel haben es vorgemacht. Jetzt gibt es erstmals ein reines Superheldinnen-Team im Kino.
Die Birds of Prey sind ein Team von Superheldinnen aus Batmans Stadt, Gotham City. Seit 1995 gab es das in immer wieder wechselnden Besetzungen und 2002 sogar eine eigene kurzlebige TV-Serie. Im neuen Film treten fünf Mitglieder auf: die Nachtclubsängerin Black Canary (Dinah Lance), die Rächerin Huntress (Helena Bertinelli), die Polizistin Renee Montoya, die Taschendiebin Cassandra Cain und die Antiheldin Harley Quinn.

Von der Schurkin zur Antiheldin

Letztere ist ursprünglich eine Batman-Schurkin, nämlich die ehemalige Komplizin und Geliebte des Jokers. Aber in den vergangenen Jahren hat sie sich zu einer eigenständigen Figur mit eigenen Comicserien entwickelt. Harley Quinn ist auch keine Schurkin mehr, sondern eher eine Antiheldin. Und für die Fans ist sie zu einer Art feministischen Comic-Ikone geworden.
In "Birds of Prey" ist Harley Quinn die Hauptfigur. Es geht zunächst um ihre Trennung vom Joker und wie sie versucht, ein neues Leben anzufangen. Das Problem: Sie hat sich viele Feinde gemacht und jetzt will sich die halbe Stadt an ihr rächen. Auch der Ober-Schurke Roman Sionis (Black Mask, gespielt von Ewan McGregor). Damit der ihr Leben verschont, bietet Harley ihm an, einen Diamanten zurückbringen. Den hat aber die Taschendiebin Cassandra Cain geschluckt. So kommen nach und nach die fünf Frauen zusammen, um Cassandra zu retten und Black Mask zu besiegen, weil sie alle eine Rechnung mit ihm offen haben.

Elegant ist anders

Der Film kommt so bunt und schrill daher, dass man den Eindruck bekommt, man schaue einen Comic-Film. Das fängt an mit einer Cartoon-Sequenz, geht weiter mit übertriebener Action und Slapstick-Szenen. Das Ganze ist sehr albern, gerade Harley Quinn ist so überdreht wie in der Vorlage, und auch voller schwarzem Humor, der häufig die Grenze des guten Geschmacks überschreitet. Da wird ein Mann an eine Hyäne verfüttert, einer Familie werden die Gesichter abgeschnitten – und dann wird die Brutalität oft ins Lächerliche gezogen oder verharmlost. Dass auch die Heldinnen selbst töten, wird gar nicht problematisiert.
Das ist aber nicht das Hauptproblem des Films. Das besteht vielmehr in der Erzählstruktur. Harley Quinn erzählt die Geschichte selbst aus dem Off. Dabei ist sie jedoch ziemlich sprunghaft, was oft chaotisch und unmotiviert wirkt. Immer wieder muss die Handlung unterbrochen werden, damit erklärt wird, wer die ganzen neuen Figuren überhaupt sind. Das ist oft unelegant gelöst. Trotzdem bleiben die Nebenfiguren oberflächlich, was schade ist, denn die sind charismatisch besetzt und da wäre durchaus Potenzial für mehr. Aber Harley Quinn dominiert leider alles.

Nicht sehr emanzipiert

Was die Emanzipation angeht, macht sich es sich dieses knallige Spektakel sehr einfach: Es ist eine Welt der Männer und die Männer sind allesamt Schurken und Fieslinge. Die Charaktere bleiben eindimensional. Und auch warum sich die Heldinnen vor dem finalen Kampf schminken und in Schale werfen müssen, leuchtet nicht ein. Sehr emanzipiert wirkt das nicht.
"Birds of Prey" ist zwar deutlich ambitionierter als der Vorgänger "Suicide Squad", es wird mehr herumexperimentiert. Aber am Ende kommt er genauso mit dem Holzhammer daher und scheitert an dem zu großen Ensemble, weil er den vielen Nebenfiguren nicht gerecht werden kann und ihnen auch keinen spannenden oder überraschenden Plot gibt. Insgesamt bleibt "Birds of Prey" also eine ziemlich unausgegorene Sache.
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