Filmdoku "Von Sängern und Mördern"

Mama, vergib mir!

Die Hände eines Gefangenen an einem Gitterfenster.
Hinter Gittern kann Musik ein Ausweg sein © imago/CHROMORANGE
Stefan Eberlein im Gespräch mit Axel Rahmlow · 11.05.2017
In Russland gibt es einen Gesangswettbewerb, an dem nur verurteilte Häftlinge teilnehmen. Die Mörder, Drogendealer und Diebe singen von der Liebe, ihrer Mutter und manchmal auch von ihrer Unschuld.
"Roter Holunder": So heißt ein populärer Gesangswettbewerb in Russland, bei dem verurteilte Häftlinge wöchentlich ein Millionenpublikum im Radio begeistern. Für die Filmdoku "Von Sängern und Mördern" hat der deutsche Regisseur Stefan Eberlein Schmuggler, Räuber und Mörder begleitet, von den umfangreichen Proben bis zu ihrem Auftritt.
"Die Musik ist für die Gefangenen sehr wichtig. Einige hält sie am Leben", sagt der studierte Soziologe im Deutschlandfunk Kultur.
Musikalisch stehen bei dem Gefängnis-Wettbewerb "Herz-Schmerz-Balladen" im Mittelpunkt, die Musik hat zumeist Chanson-Charakter. Sie bestehe zu 80 Prozent aus Pathos, so der Regisseur. Viele Gefangene würden mit den Liedern um Verzeihung bitten, sagte Eberlein: "Mama, es tut mir leid!" Es gebe aber auch Texte, in denen die eigene Unschuld beteuert werde.

Keine Beschränkungen bei den Dreharbeiten

Bei den Dreharbeiten erlebte Regisseur Eberlein nach eigener Aussage keine Beschränkungen. Allerdings brauchte er jeweils viele Wochen für die Erlaubnis, jeden der Sänger, die er im Film zeigen wollte, zu besuchen. Es gebe sogar politische Gegner von Putin, die bei dem Wettberb auftreten dürfen, sagte er. Das zeige seine Unabhängigkeit - und trotzdem werde ihm immer wieder nachgesagt, er sei ein Propagandainstrument.
Für die Gefangenen ist der "Rote Holunder" in erster Linie pure Resozialisierung - von der es in Russland sonst nicht viel gibt. Die Organisatorin des Wettbewerbs sei tief religiös und wolle jeden Sänger dazu bringen, sich zu läutern, sagte Eberlein. Das gelinge allerdings nicht immer. (ahe)

Der Film "Von Sängern und Mördern" wird am Freitag auf dem Dokfest in München gezeigt. Den Trailer finden Sie hier.