Film von NBA-Superstar Kobe Bryant

Ist "Dear Basketball" reif für den Oscar?

Der ehemalige NBA-Star Kobe Bryant.
Der ehemalige NBA-Star Kobe Bryant. © dpa / Ju WenQ
Von Kerstin Zilm  · 04.03.2018
Zwei Jahre nach seinem Abschied vom Profisport könnte Kobe Bryant, Ex-NBA-Superstar und Gewinner zweier Olympischer Goldmedaillen, eine andere weltweit begehrte Trophäe holen: den Oscar - für seinen Kurz-Zeichentrickfilm "Dear Basketball".
Im November 2015, knapp fünf Monate vor seinem letzten Spiel in der NBA-Liga, veröffentlichte Kobe Bryant einen poetischen Liebesbrief. Gerichtet an einen Sport: Basketball. Es war auch der Abschiedsbrief an seine Fans und an seine Mannschaft. Voller Erinnerungen - von der Zeit, in der er mit aufgerollten Strümpfen seines Vaters auf Abfalleimer zielte bis zu seinen größten Triumphen in der Halle.
Kobe Bryant gestand: "Das Ende der Profikarriere ist nah. Herz und Geist machen noch mit, aber der Körper sagt: 'Es ist Zeit, loszulassen. Und das ist ok.'"
Das Gedicht überraschte manche. Wahre Fans wussten schon lange: Kobe Bryant hat einen Sinn für Kunst und Poesie. Dass der Brief mit Geigenklängen unterlegt in einen Zeichentrickfilm verwandelt wurde, liegt daran, dass der Athlet direkt nach Ende der Basketballkarriere seinem nächsten Traum folgte:
"Ich hab den Brief geschrieben und träumte davon, dass Glen Keane ihn illustriert und John Williams die Musik dafür komponiert. Es schien weit hergeholt, aber ich hab mich dran gemacht - und es wurde wahr."

Hochkarätige Filmemacher unterstützen den Basketballer

Glen Kaene und John Williams sind Hollywood-Legenden. Keane als ehemaliger Disney-Animateur, der Illustrationen unter anderem für "Tarzan" und "Beauty and the Beast" zeichnete. Williams als mit mehreren Oscars ausgezeichneter Komponist unzähliger Filmmusiken, darunter die für "Star Wars", "Der weiße Hai" und "E.T.". Bryant konnte selbst kaum glauben, dass ein hochkarätiger Filmemacher wie Williams bei seinem Projekt mitmachen wollte.
"Er sagte: das würde ich gerne machen, ich bin nur grade ziemlich beschäftigt mit dem neuen Star Wars Film. Aber ich glaube, ich kann mir etwas Zeit dafür nehmen, unter einer Bedingung: Ich darf dasselbe Orchester für die Aufnahme benutzen wie für Star Wars. Ich hab' gesagt: Ich glaube, das ist in Ordnung."
Glen Keane sagt, für ihn war es ein Traum, mit Kobe zusammen zu arbeiten. Obwohl er wie Komponist Williams keine Ahnung von Basketball hat:
"Ich weiß nicht, wie Kobe sich fühlt, wenn er zum Korb stürmt, in den letzten Sekunden eines Spiels mit dem Druck, zu treffen. Aber ich weiß wie es sich anfühlt, wenn ich in eine Zeichnung eintauche und meinem Herz folge. Dabei empfinde ich enorme Freude."
Mit kräftigen Strichen, handgezeichneten Lichteffekten, schwarz auf weiß, ab und zu ergänzt durch Lila und Gold - die Farben der LA Lakers - erschuf Keane eine traumgleiche Atmosphäre: Sequenzen, die ineinander übergehen, sich überschneiden, Vergangenheit und Gegenwart miteinander verweben. Kobe Bryant wollte keine Computeranimation:
"Es war sehr wichtig, dass alles mit der Hand gezeichnet ist. Der Film zeigt, wie ein Traum umgesetzt werden kann. Für mich bedeutet das die Perfektion im nicht Perfekten und fließende Linien."

"Dear Basketball" wurde nominiert

Der Fünf-Minuten-Film hatte viel Erfolg bei Fans und Filmemachern. Dann kam der 23. Januar: Die Oscar Academy gab bekannt, dass "Dear Basketball" für einen der begehrten Preise in der Kurzfilmkategorie nominiert ist. "Wie bitte?" twitterte Kobe Bryant.
"Das ist jenseits aller meiner Träume. Dank an die Genies Glen Keane und John Williams dafür, mein Gedicht auf diese Ebene zu heben. Es ist eine Ehre, in diesem Team zu sein."
Nicht alle sind glücklich über diese Nominierung. Schnell erinnerten Kritikerinnen über Social Media mit dem Hashtag MeToo daran, dass Kobe Bryant 2003 der Vergewaltigung angeklagt wurde. Er einigte sich außergerichtlich mit der Klägerin und wurde nie schuldig gesprochen. In einer Online Petition wird gefordert, die Nominierung zurück zu ziehen.
Trotzdem hat Kobe Bryant Chancen, eine weitere Trophäe ins Regal zu stellen. Die Stimmen der Kritiker könnten bei der Stimmabgabe gut durch die der Fans von Keane und Williams aufgewogen worden sein. Nicht zu vergessen die der Fans von Bryant und Basketball.

Kommt Kobe Bryant wirklich zum Zuge? Unser Filmkritiker Patrick Wellinski ist da skeptisch; aber schon die Nominierung von "Dear Basketball" sei ein Erfolg, sagt er im Gespräch über den Sport als Thema im Film. Eine lange Geschichte ist das, mit ganz verschiedenen Tönen und einer Sportart, die das Kino besonders liebt: das Boxen.

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